Sind Stimme und Promi-Faktor heutzutage wichtiger für einen Podcast-Erfolg als der Inhalt, Benjamin Majeron?
22. September 2022
Muss menscheln: Die Menschen in einem Podcast sind wichtiger als der Inhalt, sagt Benjamin Majeron, Head of Digital bei Serviceplan PR & Content. Wenn die Vermittlung nicht stimmt, “schalten die Hörer:innen ab”. Noch wichtiger als der Promi-Faktor sei aber, dass verschiedene Meinungen aufeinandertreffen. “Wenn sich alle einig sind, steht das Ergebnis der Folge schon am Anfang fest: Nämlich, dass alle genauso schlau sind wie am Anfang.”
Weltweit gibt es aktuell rund 2,75 Millionen Podcast-Formate, die bisher an die 123 Millionen Folgen produziert haben. Bei dieser Konkurrenz muss man sich von der Masse ganz klar abheben. Das funktioniert oft über den Promi-Faktor – das allein macht einen Podcast aber noch lange nicht zum sicheren Erfolg.
Dennoch lautet meine Antwort auf die Frage ganz klar: Ja, die Person oder die Personen in einem Podcast sind für mich wichtiger als der Inhalt. Das hat verschiedene Gründe.
Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass sowohl der Podcast-Host als auch der Gast oder die Gäste und deren Unterhaltungswert wichtiger sind als das Thema per se. Da braucht man nur mal einen Blick auf den Erfolg von Fest & Flauschig, den Podcast von Jan Böhmermann und Olli Schulz werfen. Da wird größtenteils über Alltägliches philosophiert, aber laut Spotify war die Show zeitweise sogar weltweit der erfolgreichste Stream auf der Plattform. Dass pro Folge schätzungsweise mehrere Hunderttausend Hörer und Hörerinnen einschalten, liegt nicht am Thema.
Spannende Gäste und Hosts schaffen es, Themen so interessant aufzubereiten und so unterhaltsam zu erklären, dass das Zuhören Spaß macht. Es geht nicht nur um die Botschaft, sondern vor allem um die Art, wie sie vermittelt wird. Das wissen wir in der Kommunikationsbranche besser als alle anderen. Spröde und langweilige Themen können von guten Hosts mit passenden Gästen durchaus unterhaltsam und gleichzeitig informativ aufbereitet werden. Und wenn die Vermittlung der Inhalte durch die Gesprächspartner:innen nicht stimmt, schalten die Hörer:innen ab – und das zurecht.
Der reine Promi-Faktor spielt für mich allerdings höchstens in der Vermarktung des Podcasts eine größere Rolle, weil der- oder diejenige den Podcast über die eigenen Kanäle an zigtausend User bringen kann. Aber Promi heißt nicht gleich, dass man ihm oder ihr gerne zuhört. Bei der Auswahl der Gäste sollte man deswegen nicht nur auf Bekanntheitsgrad achten, sondern vor allem auf Meinungen und Hintergründe. Ein Podcast braucht Diskussion und Kontroverse – gepaart mit guter Unterhaltung. Das habe ich selbst auf die harte Tour lernen müssen.
Wir haben vor dem Start unseres Serviceplan Group Podcasts mehrere Probefolgen produziert. Und bei einer Folge hat es bei mir dann “Klick” gemacht. Wir hatten ein aus meiner Sicht spannendes und wichtiges Thema, aber leider die falschen Gäste. Die waren sich immer einig, alles wurde nur bejaht, nie wurde sich widersprochen, es entstand keine Diskussion und Forderungen wurden auch keine gestellt. Was aber zugegebenermaßen sicher auch an den falschen Fragen meinerseits gelegen hat. Gerade wenn das Thema eigentlich polarisiert, hört seichtem Gequatsche niemand gerne zu. Wenn sich alle einig sind, steht das Ergebnis der Folge schon am Anfang fest: Nämlich, dass alle genauso schlau sind wie am Anfang. Solche Podcasts braucht niemand. Punkt.
Ein Austausch kommt nur durch die Kontroverse voran. Erst durch die Verschiedenheit an Meinung und auch Hintergründen entsteht eine Bereicherung und ein Mehrwert. Das ist in der gesellschaftlichen Debatte so und in Podcasts ist es nicht anders. Ob Promi oder nicht ist dann auch erstmal Nebensache. Hörer:innen hören zuerst einmal den Menschen zu und dann dem Thema.
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