turi2 edition #15: Ingo Rieper über Geld und Gabor.
28. August 2021
Im Maschinenraum:Ingo Rieper hält das Medienschiff von Gabor Steingart wirtschaftlich auf Kurs. Im Interview mit Peter Turi für die turi2 edition #15 gibt der CFO, der sich selbst in der Rolle des Reeders der Pioneer One sieht, Butter bei die Fische und nennt Zahlen aus dem Maschinenraum. So zählen Steingart und Co aktuell 13.000 Abonnentinnen und setzen damit um und bei 4 Mio Euro pro Jahr um. “Für die Mission Weltraum brauchen wir deutlich mehr zahlende Pioneers”, sagt Rieper. Bevor MediaPioneer nach den Sternen greift, steht das Ziel “eines der Leitmedien zu werden”.
Ingo Rieper, Sie sind Gabor Steingart als CFO vom “Handelsblatt” zur Pioneer One gefolgt. Wenn Gabor der Kapitän ist, was sind Sie dann: der Maschinist? Weil Sie dafür sorgen, dass die Kohle reinkommt und das Schiff unter Dampf steht?
Wenn Sie schon in Schifffahrtsanalogien denken, würde ich mich eher als Reeder sehen. Ich kümmere mich um die strategische Routenplanung, baue die operative und journalistische Flotte aus. Und ja, natürlich bin ich auch das kaufmännische Gewissen dieses spannenden Projektes und schaue, dass unsere Handelsrouten ertragreich sind und neue erschlossen werden. Im Maschinenraum bin ich – wie unsere Kapitäne Steingart und Bröcker – zwar auch immer wieder anzutreffen, aber das ist Teil unserer Philosophie: Hands-on statt Hierarchie.
Was ist überhaupt der Zielhafen?
Wir wollen eines der Leitmedien werden. Geringere Ansprüche lassen sich auch gar nicht formulieren, wenn man sich auf eine Schifffahrt mit diesen Top-Journalisten einlässt.
Die Zwischenstation “Publizistische Bedeutung” haben Sie erreicht. Gefühlt haben Sie die wichtigsten Politikerinnen, einen Teil der Wirtschaftsbosse und ein paar Unterhaltungskünstlerinnen an Bord. Wie sieht’s mit der Destination “wirtschaftlicher Erfolg” aus?
Das Morning Briefing erreicht mehr als eine halbe Million Menschen pro Tag, aber auch andere Formate wie das Hauptstadt- oder das Tech-Briefing werden mittlerweile selbstverständlich von anderen Medien zitiert. Über diese publizistische Relevanz freuen wir uns. Zusätzlich bestätigt es uns, dass wir – Stand August – schon über 13.000 Leserinnen und Hörer überzeugen konnten, zahlende Pioneers zu werden. Unser Gesamtjahresziel Paid Subscriber für 2021 hatten wir bereits im Mai erreicht.
Wie viel zahlen Ihre 13.000 Pay-Kunden im Schnitt pro Nase?
Unsere Mitgliedschaft – mit Zugang zu allen Podcasts, Newslettern, Texten, Infografiken und Schiffsevents – kostet monatlich 25 Euro. Wenn Sie bedenken, dass Studierende und Podcast-Abonnenten etwas weniger, aber “Pro” und “Supporter”-Pioneers etwas mehr bezahlen, kommt die Zahl der Realität schon sehr nah. Auch unser B2B-Angebot ThePioneer Experience, bei dem Unternehmen und Stiftungen unser Schiff für eigene Medienformate wie Live-Formate und Digitalkonferenzen chartern können, wird sehr gut nachgefragt. Das Geschäftsjahr 2020 haben wir über Plan abgeschlossen und auch 2021 sind wir auf Kurs.
Sie haben früh darauf gesetzt, dass das Publikum für Podcasts bezahlt. Funktioniert das?
Ja, denn unsere Hörer spüren, dass Original Podcasts von ThePioneer eine besondere Qualität haben. Obwohl viele unserer Formate tagesaktuell erscheinen, ist jede Episode mit besonderer Güte produziert und kommt mit exklusiven Inhalten sowie 100 Prozent werbefrei daher. Podcasts sind mittlerweile ein entscheidender Treiber für unser Mitglieder-Wachstum. Daher ist es auch logisch, dass wir eine eigene Podcast-App an den Start gebracht haben, die es unseren Pioneers noch einfacher macht, hochwertigen Content zu konsumieren.
Video-Tipp: Ingo Rieper im Bewegungsfragebogen.
Was funktioniert super?
Neben dem erfolgreichen Markenaufbau, der beschriebenen journalistischen Reichweite, der erfolgreich gestarteten Monetarisierung und der erfolgten Herausgabe von Leseraktien ist der Teamaufbau der für mich wertvollste Meilenstein dieses jungen Medienunternehmens. Ich habe selten so viel Leidenschaft, Pioniergeist und Begeisterung gespürt wie in diesem Unternehmen. Darüber hinaus etablieren sich neben Gabor Steingart auch die übrigen Autoren großartig. Es ist spürbar, dass hier ein diversifiziertes und deutlich breiter aufgestelltes Medienunternehmen heranwächst.
Ich habe den Eindruck, dass Sie sich auf die bürgerliche Mitte konzentrieren: Ü50, weiß, männlich, etabliert, konservativ. Ihr linker Flügel ist doch arg gestutzt, Richard Gutjahr, Daniel Fiene und Marina Weisband gingen schnell von Bord.
Ich kann Ihren Eindruck nicht bestätigen – und auch unsere Nutzeranalysen sagen etwas anderes. Unsere Zielgruppe ist das liberale Bürgertum. Der meistgehörte Morning Briefing Podcast in 2021 war die Episode mit Sahra Wagenknecht. Die Gäste in Alev Dogans Erfolgspodcast “Der 8. Tag” sind überwiegend weiblich und thematisch sehr breit aufgestellt. Und auch in unserem Hauptstadt-Podcast ist regelmäßig das Parteienspektrum in seiner Breite vertreten. Auch wenn Sie unsere Live-Events an Bord besuchen, zum Beispiel das politische Sightseeing durch das Regierungsviertel, blicken Sie dort in interessierte Gesichter aller Altersklassen. Die eine Pioneer-Persona gibt es nicht. Der Leitgedanke unserer Markenstrategie – so viel kann ich hier verraten – lautet: “Pioneers are mind-stretching people”.
Lassen Sie mich mal kurz rechnen: 13.000 Nutzer zahlen im Schnitt 25 Euro pro Monat, das macht fast 4 Millionen Euro Jahresumsatz. 50 Angestellte kosten über den Daumen fünf Millionen – da sind Sie ja schon auf einem guten Weg. 100.000 zahlende Nutzer, die Steingart mal als Ziel ausgegeben hat, brauchen Sie gar nicht.
Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir wirtschaftlich auf einem guten Weg sind. Natürlich brauchen wir weniger als 100.000 zahlende Pioneers, um Break-even zu erreichen, aber Sie kennen ja die Ambition des Gründers Gabor Steingart. Jan Böhmermann hatte in seinem Podcast mal angeregt, dass man als Nächstes aus einem Zeppelin senden könnte. Zurzeit sind ja auch Weltraumflüge in aller Munde. Aber dann brauchen wir in der Tat deutlich mehr zahlende Pioneers für diese Mission.