Blattkritik: Sascha Chaimowicz, verantwortlicher Redakteur “Zeit Magazin Mann”, über “Laura”.

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Sascha Chaimowicz, verantwortlicher Redakteur für das neue Zeit Magazin Mann, liest im Auftrag von turi2 Bauers Frauenmagazin Laura und ist erstaunt, dass das Heft mit so wenigen Wörtern auskommt. Obwohl er mit Laura nicht wirklich warm wird, ist er überzeugt, dass die Blattmacherinnen wissen, was sie tun.

Um ehrlich zu sein, habe ich “Laura” noch nie gelesen. Auch nicht “Lea” und nicht “Lisa” und nicht “Bella” und wie die ganzen Zeitschriften heißen, die für den Laien erst mal ziemlich gleich aussehen. Ich weiß aber, dass diese Hefte immer noch erstaunlich viel gekauft werden. Der Claim auf dem “Laura”-Cover lautet “Laura – das ist meine Welt”. Das hilft schon mal, diese Zeitschrift zu verstehen, weil es ja nichts anderes bedeutet als: “Laura” soll so sein wie die Leserin – und umgekehrt.

Das Coverfoto sieht ziemlich künstlich aus, ein bisschen wie ein Madame-Tussauds-Plakat. Warum das so ist, weiß bestimmt die Marktforschung, ich leider nicht. Also lieber rein ins Heft. Erste Erkenntnis: Für Nicht-Kenner wie mich ist es leicht, sich in der Zeitschrift zurechtzufinden. Der Inhalt ist ordentlich aufgeteilt in die Ressorts Aktuelles, Mode und Beauty, Deko, Ratgeber, Diät und Ernährung, Gesundheit, Psychologie, Reise und Immer in der “Laura”.

Das Editorial der Chefredakteurin ist sechs Zeilen lang. Überhaupt sind die Texte alle unglaublich kurz. Wenn ich mir “Laura” als Freundin vorstelle, dann wäre sie enorm wortkarg. Eine, die sofort zum Punkt kommt. So fängt dann eine Geschichte im Gesundheitsressort auch mal an mit dem Satz: “Frauen leiden deutlich häufiger an den schmerzhaft vergrößerten Gefäßpolstern im Analbereich als Männer.”

Pragmatismus scheint insgesamt eine Art Leitmotiv im Heft zu sein. Die Modestrecke “Läuft! Die schönsten Schuhe der Saison” ist sehr handfest, unter den Produkten, die teils von den Redakteurinnen selbst getragen werden, stehen die Produktnummern und die erhältlichen Größen. Auf Seite 20 kann man sich einen Gutschein ausschneiden, der 20 % auf alle C&A-Einkäufe bringt. Ähnlich bodenständig geht es weiter: Die Reisen führen an die Nordseeküste (auf dem Fahrrad) und nach Danzig. Auf den Rezept-Seiten gibt es “Apfelkuchen wie von Großmutter”. “Lauras” Lebensmotto könnte lauten: no bullshit.

Der Pragmatismus der “Laura” scheint aber auch einen tiefergehenden Grund zu haben. Glaubt man den Blattmachern, dann sind die Leserinnen der “Laura”-Welt wohl ziemlich fertig mit den Nerven. Ich lese Sätze wie: “Anspannung loslassen – gar nicht so einfach, wenn man den ganzen Tag unter Strom stand” oder “In turbulenten Zeiten wissen wir manchmal gar nicht mehr, wo uns der Kopf steht.” Ein doppelseitiges Foto, auf dem eine Möwe aufs Meer schaut, ist mit dem Satz “Wir schenken Ihnen Zeit” überschrieben. Im Zweifel lieber unter- als überfordern. Das gilt auch für manche der Tipps, die im Magazin verteilt sind. Fürs Wandern zum Beispiel wird der Zwiebellook empfohlen – “Kommt die Sonne raus, zieht man sich Schicht für Schicht aus.”

Ich frage mich, welche Probleme es wohl sind, die das Leben der “Laura” so anstrengend machen. Ab Seite 38 deuten sich Beziehungsprobleme an, ich lese eine Liste mit 33 Fragen, die man seinem Partner stellen sollte (“Welche meiner Angewohnheiten stören dich?”, “Was haben wir aus unseren Krisen gelernt?”). Doch ansonsten geht es – bis auf die Beiträge, die von körperlichen Herausforderungen handeln, also zum Beispiel vom dünner werden wollen (“5 Kilo weg mit der neuen Eiweiß-Diät”) und dem Bekämpfen von Hornhaut (“Endlich wieder gesunde Füße”) – eher lieblich zu. Arbeit spielt keine Rolle, wenn ich von dem halbseitigen Ratgeber zum Thema “Mini-Job” absehe. Und Fragen von Politik werden, zumindest in dieser Ausgabe, gänzlich ausgespart.

Wenn die Leserinnen wirklich so pragmatisch denken, wie es die Zeitschrift vermuten lässt, dann haben es die “Laura”-Macherinnen mit einer besonders schwierigen Käuferschaft zu tun. Denn ein Magazin ist keine Notwendigkeit, man braucht es nicht unbedingt. Genauso wenig wie Filme, Literatur, Musik. Vielleicht gibt es in “Laura” deshalb auch keine Kulturseiten. “Laura” ist – und das ist überhaupt nicht böse gemeint – ähnlichen Gesetzen unterworfen wie ein Discounter: Es geht darum, für wenig Geld (“Laura” kostet 1,20 Euro) so viel wie irgendwie möglich zu bekommen. Dass die Auflagenzahl in den vergangenen Jahren zwar deutlich gefallen ist, sich aber laut meiner kurzen Online-Recherche noch im sechsstelligen Bereich hält, zeigt, dass die Laura-Macherinnen wissen, was sie tun. Und dass die Zeitschrift so aussieht, wie sie nun mal aussieht – vollgepackt, sehr kleinteilig – ist natürlich auch kein Zufall. Mehr Weißraum, so stelle ich mir die Blattmacherinnen-Haltung vor, würde von Leserinnen als Verschwendung angesehen werden.

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Die Blattkritik erscheint sonntags bei turi2.de und folgt dem Prinzip des Reigens.

Beim letzten Mal hat Viola Wallmüller, Chefredakteurin “Laura”, das Pferdesport-Magazin St. Georg kritisiert.

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