Der Club der Meinungsmacherinnen.

Andreas Fischer-Appelt bei turi2:

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  • Wir graturilieren den Geburtstagskindern am Wochenende.

    Wir graturilieren den Geburtstagskindern des Wochen­endes: Am Samstag feiert Journalistin und Menschen­­rechts­aktivistin Düzen Tekkal ihren 45. Geburtstag – mit einer Keynote auf der Hauptbühne des Münchner Superbloom-Festivals. Außerdem wird Jörg Berendsmeier, Leiter der Abteilung Allgemeine Auslandsbeziehungen beim ZDF, 61. Am Sonn­tag begeht Andreas Fischer-Appelt, Gründer und CEO der Agenturgruppe FischerAppelt, seinen 59. Geburts­tag.

  • “Ich werde kein PR-Feuerwerk zünden” – Ein epd-Interview mit dem ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke.


     
    Gnifflix: SWR-Intendant
    Kai Gniffke hat es sich in seinem Amt als ARD-Vorsitzender zum Ziel gesetzt, ARD und ZDF noch in diesem Jahrzehnt zum “wichtigsten Streaming-Anbieter in Deutschland” zu machen. Inhaltlich sollen beide Marken auch weiterhin im “publizistischen Wettbewerb” stehen, sagt er im Interview von Diemut Roether und Michael Ridder bei epd Medien und erteilt einer gemeinsamen Mediathek eine Absage. Aber: “Die Frage, wie gut und klug die Suchfunktion ist, ist keine journalistische Frage. Da sollten wir uns die Arbeit mit dem ZDF teilen.” Auch innerhalb der ARD wünscht sich Gniffke mehr Kooperation: Er hat u.a. ein gemeinsames Mantel­programm für die Dritten TV-Programme vorgeschlagen und sieht bei der Bündelung von Kompetenzen auch die kleinen Sender in der Pflicht: “Es kann nicht sein, dass die großen Häuser alles machen und die kleinen warten, bis die Weisheit der großen über sie hereinbricht.” Der RBB-Skandal habe “alle ARD-Häuser noch enger zusammenrücken lassen” und die Aufsichtsgremien gestärkt. Gniffke hofft, “dass die Brandschutzmauern hoch und dick genug sind, dass so was nicht noch mal passiert”. turi2 veröffentlicht das Interview in der wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.
     
    Von Diemut Roether und Michael Ridder / epd Medien
     
    epd: Herr Gniffke, Sie sind nicht nur SWR-Intendant und aktuell auch ARD-Vorsitzender. Sie unterrichten auch an der Hochschule Mittweida zum Thema “Journalismus in der digitalen Transformation”. Wir haben uns gefragt: Was sagen Ihre Studenten eigentlich über die ARD?

    Kai Gniffke: Die Studierenden sind ein bisschen befangen, weil sie am Ende von mir ihren Schein für ein bestandenes Seminar haben wollen. (lacht) Deren Feedback zur ARD ist verglichen mit dem, was ich sonst so höre, mir fast schon zu positiv. (lacht) Möglicherweise kommen in meine Lehrveranstaltungen diejenigen, die eh einen Draht zu ARD-Angeboten haben. Was mich da wirklich beeindruckt, ist, wie sehr es einer Marke wie der “Tagesschau” gelungen ist, junge Menschen für relevante Inhalte zu begeistern oder zumindest zu interessieren. Das macht mir sehr viel Mut.

    Welche ARD-Inhalte nehmen die Studierenden außer der “Tagesschau” noch wahr?

    Querbeet. Weil ich SWR-Intendant im Hauptberuf bin, bin ich stolz, dass zum Beispiel der SWR2-Wissenspodcast immer noch in den Top 10 der Podcast-Charts ist. Ich habe mich im vergangenen Jahr unglaublich gefreut, dass ein Instagram-Angebot wie Ich bin Sophie Scholl – das wirklich ein Experiment war – so erfolgreich wurde. Rund 800.000 Menschen haben sich für das Schicksal dieser beeindruckenden Persönlichkeit Sophie Scholl interessiert. Und das waren sehr junge Menschen.

    Was sagen die Studierenden über die ARD-Mediathek? Nutzen sie diese?

    Sie nutzen sie. Aber sie nutzen selbstverständlich auch andere Anbieter. Und wenn es um fiktionale Inhalte geht, nutzen sie stärker Anbieter, die nicht zur ARD gehören.

    Sie haben das Ziel vorgegeben, dass die ARD bis 2027 Streaming-Marktführer werden soll. Wie wollen Sie das erreichen?

    Noch in diesem Jahrzehnt wollen wir der wichtigste Streaming-Anbieter in Deutschland werden. Dazu treiben wir das Streaming-Netzwerk in unserer Zusammenarbeit mit dem ZDF weiter voran. Wenn wir mal für einen Moment die Abrufe der ZDF-Mediathek und der ARD-Mediathek zusammenzählen – dann sind wir heute schon auf Augenhöhe mit Netflix oder Amazon Prime. Warum machen wir das? Nicht, weil wir die Größten sein wollen, sondern weil unsere Heimat in der Mitte der Gesellschaft ist. Wir wollen in allen Milieus, in allen Bevölkerungsgruppen für die Menschen da sein. Das schaffen wir aber nur, wenn wir große Teile der Bevölkerung mit unseren linearen Angeboten versorgen und gleichzeitig auch da präsent sind, wo sich Mediennutzung in Zukunft immer mehr abspielen wird.

    Könnten Sie das mit dem Streaming-Netzwerk etwas genauer erklären? Was macht dieses Netzwerk aus? Es kann ja nicht nur das gemeinsame Login sein oder dass man, wenn man den “Tatort” sucht beim ZDF, weitergeleitet wird zur ARD.

    Das Streaming-Netzwerk macht eine ganze Menge mehr aus. Der gemeinsame Login ist der Einstieg. Zukünftig werden wir uns die Daten dahinter teilen.

    Läuft das letzten Endes nicht auf eine gemeinsame Mediathek hinaus?

    Das muss man terminologisch gut auseinanderhalten. Wir wollen einen gemeinsamen Login. Wir wollen eine gemeinsame technische Basis, einen gemeinsamen Player, eine gemeinsame Empfehlungslogik, eine gemeinsame Suchfunktion. Unabhängig davon, welche Inhalte zugänglich sind. Wir sollten auf jeden Fall bei zwei klaren Marken bleiben, die im publizistischen Wettbewerb stehen. Es gibt sozusagen weiterhin die “orangenen” Inhalte – in der Farbe des ZDF gesprochen – und es gibt die “blauen” Inhalte der ARD. Aber die Frage, wie gut und klug die Suchfunktion ist, ist keine journalistische Frage. Da sollten wir uns die Arbeit mit dem ZDF teilen.

    Es ist eine technische Frage. Uns fällt auf, dass ARD-Angebote beispielsweise über die App auf der Magenta-Oberfläche schlecht zu finden sind. Sucht man einen bestimmten Film in der ARD-Mediathek, geht das über eine simple Google-Suche viel leichter.

    Das nehme ich als Ansporn, dass wir in dieser Hinsicht besser werden müssen. Wir haben in den letzten drei Jahren extreme Fortschritte gemacht, haben viel Energie und Zeit in die Mediathek gesteckt, was zum Glück nicht ohne Erfolg geblieben ist. Mehr als zweieinhalb Millionen Menschen nutzen täglich die ARD-Mediathek. Aber wir sind noch längst nicht am Ende der Strecke, das haben wir bei der Sitzung der Intendantinnen und Intendanten in Hannover noch mal festgehalten. Wir müssen jetzt Gas geben.

    Die Politik hat jetzt die Vorgabe gemacht, dass Sie zusammen mit dem ZDF und mit dem Deutschlandradio eine gemeinsame Plattform aufbauen sollen. Werden die einzelnen Mediatheken nicht überflüssig mit der Zeit, wenn Sie alles auf eine gemeinsame Plattform stellen?

    Wir müssen auch hier wieder sauber trennen: Was ist eine Plattform, was ist ein Streaming-Netzwerk, und was ist eine technische Basis? Wenn ich über unsere Kooperation mit dem ZDF spreche, spreche ich über ein Netzwerk, das eine gemeinsame technische Basis hat. Es ist keine gemeinsame Mediathek, es sind zwei getrennte Marken. Es geht nicht darum, die Superplattform zu bauen, sondern das Existierende so zu verbessern, dass wir auf Augenhöhe kommen mit den großen Anbietern, die im Moment den Streaming-Markt in Deutschland beherrschen.

    Das machen Sie aus eigenem Antrieb heraus. Aber die Rundfunkkommission, also die Medienstaatssekretärin Heike Raab und andere, haben sicher schon mit Ihnen gesprochen über weitere Erwartungen. Wenn jetzt die große gemeinsame Plattform als Aufgabe hingestellt wird – und Frau Raab hat ausdrücklich gesagt, damit ist keine Mediathek gemeint – was soll das sein? Die Superplattform, die der frühere BR-Intendant Ulrich Wilhelm wollte? Welchen Auftrag hat die Politik an Sie?

    Wir wissen um unseren Auftrag. Dieser Auftrag heißt: Alle Menschen mit exzellentem Programm versorgen, vom Säugling bis zum Greis. Und wenn selbst Menschen meiner Generation einen Anbieter nutzen, der ihnen nichtlineare Inhalte zur Verfügung stellt, und abends auf dem Sofa gelegentlich auch mal in Mediatheken stöbern, dann weiß ich doch, was die Stunde geschlagen hat.

    Aber wie verstehen Sie diesen Auftrag der Politik, eine gemeinsame Plattform zu schaffen, in der das Deutschlandradio auch noch mit drin sein soll?

    Wir haben ja auch eine Audiothek, also Inhalte zum Hören. Jetzt müssen wir erst mal schauen, ob wir die Audiothek über die ARD-Grenzen hinaus erweitern wollen. Auch das ZDF ist mittlerweile in die Podcast-Produktion eingestiegen, da wäre die Frage: Wollen wir da gemeinsam vorangehen und das Deutschlandradio mit an Bord holen? Sie können bereits heute über die ARD-Audiothek Inhalte des Deutschlandradios nutzen. Und für mich stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Mediathek und Audiothek zusammenzuführen. Was wir aber jetzt schon machen können, ist, dafür zu sorgen, dass die Mediathek weiter steil geht. Das macht mir gerade sehr viel Freude. Offenbar machen wir vieles richtig.

    Zu den Funktionen, die so eine Plattform im Sinne der Staatskanzleichefs haben soll, gehört auch der Dialog. Wie wollen Sie diesen Dialog einbauen in das Netzwerk?

    Der dritte Medienänderungsstaatsvertrag ist jetzt im Ratifizierungsverfahren. Der Vertrag sagt, dass wir den Auftrag an die Aufsichtsgremien geben, Richtlinien für die Qualitätsstandards zu entwickeln. Er sagt auch, dass öffentlich-rechtliche Anbieter den Dialog mit den Menschen intensivieren müssen. Wir haben uns in Hannover bei der Sitzung der Intendantinnen und Intendanten intensiv mit dem Tool MDR fragt befasst, das der MDR sehr erfolgreich betreibt. Auch der NDR nutzt es als NDR fragt. Bei diesem Tool geht es darum, Stimmungen und Meinungen aus der Bevölkerung abzuholen. Das könnte eine Möglichkeit für mehr Dialog sein. Es gibt aber noch weitere Lösungen bei anderen Landessendern, sich mit dem Publikum auszutauschen. In der Intendantenrunde befassen wir uns eher mit den strategischen Fragen und nicht mit operativen Dingen wie dem Vergleich, welche Tools welche Vorteile und welche Einschränkungen haben. Darum haben wir gesagt, dass das besser ein paar kluge Köpfe für uns aufbereiten, so dass wir im April beschließen können. Wichtig ist mir, dass wir mit unseren Entscheidungen vor der Welle sind. Der neue Staatsvertrag ist noch nicht in Kraft – aber wir werden vorher schon sagen können, dass wir ein entsprechendes Dialogtool einführen.

    Mit dem ARD-Zukunftsdialog hatten Sie schon ein Projekt aufgelegt, das in diese Richtung ging. Was ist davon geblieben? Was hat sich seitdem geändert?

    Die Menschen haben uns eine ganze Menge mit auf den Weg gegeben. Das Thema Meinungsvielfalt. Das Thema Gendern ebenfalls. Wir haben aber auch wahnsinnig viel Zuspruch bekommen. Wir hatten jetzt mit dem WDR einen Interims-ARD-Vorsitz, der alle Hände voll zu tun hatte – und einen Super-Job gemacht hat. Da knüpfen wir an und sagen: Was ist liegengeblieben? Ich habe gerade die Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz gebeten, uns die 2.600 Rückmeldungen aus der Online-Konsultation zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu schicken. Ich möchte Konsequenzen aus diesen Kommentaren ziehen.

    Liegen geblieben ist wohl einiges in den vorherigen sieben Monaten des RBB-Vorsitzes in der ARD. Der Skandal beim RBB war ja auch wieder Thema in der Intendantenrunde in Hannover. Es wird nun überlegt, wie man dem RBB helfen kann, diese Aufgabe zu bewältigen. Bei der Aufbereitung des Vorgangs kamen ja erstaunliche Dinge heraus, zum Beispiel, dass 41 Millionen Euro an Mehreinnahmen, die nach den Vorgaben der Finanzkommission KEF zurückgelegt werden mussten, von der damaligen Intendantin Patricia Schlesinger nicht zurückgelegt wurden. Haben Sie darüber gesprochen, wie die ARD sicherstellen kann, dass so etwas nicht wieder passiert? Dass sich die Senderchefs gegenseitig versichern, dass sie die Rücklagen gebildet haben? Es war ja nicht zu sehen, dass beim RBB was nicht stimmt.

    Das RBB-Thema eint uns mittlerweile, es hat alle ARD-Häuser noch enger zusammenrücken lassen. Es gibt eine große Solidarität mit dem RBB, mit den Menschen, die dort arbeiten – und eine große Solidarität mit der neuen Intendantin Katrin Vernau, die einen Job hat, um den sie niemand beneidet. Mittlerweile ist sie ja Direktorin für alles, weil es keine Geschäftsleitung mehr gibt. Natürlich hat so eine Situation, dass ein Sender die Beitragsmehrerträge nicht zurücklegt, das Potenzial, eine Gemeinschaft in Unruhe zu bringen. Aber bei unserem Treffen in Hannover gab es stattdessen ein gemeinsames Unterhaken: Wir werden der KEF die Beitragsmehrerträge ausweisen in der geforderten Höhe. Wir tun das gemeinsam, auf der Berechnungsgrundlage der Beitragserträge in den jeweiligen Verbreitungsgebieten. Auch die Mehrerträge des RBB sind in dieser Summe enthalten.

    Also greifen die anderen ARD-Anstalten dem RBB damit finanziell unter die Arme?

    So würde ich das nicht verstehen. Wir sind solidarisch. Und der RBB ist kein Bittsteller, er ist ein vollwertiges Mitglied der ARD-Familie und ein Leistungsträger, den wir brauchen. Die Region Brandenburg und Berlin ist viel zu wichtig, um da auf etwas zu verzichten. Es geht jetzt darum: Zeigt die ARD, dass die Mehrerträge nicht verfrühstückt worden sind? Das zeigen wir. Wir werden sie gesondert ausweisen, wie von der KEF gefordert.

    Nochmals nachgefragt: Wir gehen davon aus, dass keiner von Ihnen möchte, dass so etwas wieder passiert…

    Das trifft es.

    …gibt es da vielleicht ein Commitment, dass man das in regelmäßigen Abständen abgleicht, dass man nicht irgendwann im Nachhinein feststellt, dass da wieder Geld versickert ist, das die anderen dann nachschießen müssen?

    Zunächst mal ist das Aufgabe der Aufsichtsgremien, die das nachhalten werden…

    …die beim RBB offensichtlich versagt haben.

    Ja, und der angekündigte vierte Medienänderungsstaatsvertrag reagiert darauf. Aber auch da sind wir als ARD vor die Welle gekommen. Wir haben die Transparenz gestärkt und die Compliance-Regeln geschärft. Wir haben jetzt die Vorstellungsgespräche für unseren externen SWR-Compliance-Beauftragten geführt. Alle Häuser schaffen eine externe Anlaufstelle. Auf unserer Intranetseite sind an prominenter Stelle die Compliance-Regeln veröffentlicht. Wir haben mitgewirkt an der Stärkung der Aufsichtsgremien, weil wir die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Ich setze darauf, dass die Brandschutzmauern hoch und dick genug sind, dass so was nicht noch mal passiert.

    Sie sagen, die ARD ist vor die Welle gekommen. Trotzdem ist der Imageschaden, der durch die RBB-Krise der ARD insgesamt entstanden ist, sehr groß. Er wird wahrscheinlich dazu führen, dass es jetzt sehr harte Verhandlungen geben wird beim nächsten Rundfunkbeitrag. Was kann die ARD tun, um das Image wieder zu reparieren?

    Gute Arbeit, nah bei den Menschen sein.

    Reicht das?

    Das muss reichen. Eine Alternative gibt es nicht. Ich werde kein PR-Feuerwerk zünden. Wir werden gute Arbeit machen müssen. In den drei Jahren Pandemie, die ich als SWR-Intendant erlebt habe, hat sich gezeigt, dass die Vertrauenswerte so hoch waren wie noch nie. Menschen vertrauen uns in schwerer Zeit. Für den SWR kann ich sagen, dass wir uns bewusst sind, dass wir eine besondere Situation haben. Wir müssen das Geld nicht selbst erwirtschaften, die Menschen hier haben eine sichere Arbeit, während draußen Betriebe schließen müssen. Es ist unsere Pflicht, deutlich zu machen, dass wir effizient mit den uns anvertrauten Mitteln umgehen. Aber wir gehen auch mit der Zeit. Wir haben kapiert, wie sich Mediennutzung ändert. Und wir werden auch in zehn Jahren bestmögliche journalistische Produkte anbieten.

    Haben Sie in der Intendantenrunde auch über Priorisierungen gesprochen? Zurzeit zahlt die ARD 240 Millionen Euro im Jahr für Sportrechte. Können Sie sich die teuren Sportrechte weiterhin leisten? Gibt es Überlegungen, sich da zurückzuziehen?

    Es gibt keine Tabus.

    Das sagen Sie immer. Was bedeutet das konkret?

    Immer heißt es: Reformiert euch, werdet schlanker, aber bitte nicht da oder dort. Jetzt sind wir beim Thema Sport. Sie reden hier gerade mit einem ausgewiesenen Sportfan, und ich glaube, dass wir auf den Sport nicht verzichten sollten, auch nicht auf Spitzensport. Menschen nutzen Medien nicht nur zum Zweck der Information, sondern auch, wenn sie sich unterhalten lassen wollen, auch für kulturelle Inhalte und für sportliche Ereignisse. Wenn wir für Zusammenhalt werben müssen, ist es wichtig, dass wir auch gemeinsam mit einem ganzen Land mitfiebern, wenn Gina Lückenkemper die Goldmedaille holt oder wenn eine deutsche Fußballmannschaft der Herren genauso erfolgreich ist wie die der Frauen. Das wollen Menschen zusammen feiern, das sind gemeinschaftsstiftende Erlebnisse, auch das ist ein journalistisches Gebot. Außerdem mag ich mir Olympische Spiele in China, in Russland oder eine Fußball-WM in Katar nicht vorstellen ohne eine öffentlich-rechtliche Begleitung. Damit wir sehen, was in anderen Ländern schiefläuft. Wir müssen allerdings abwarten, wie viele Ressourcen uns ab übernächstem Jahr zur Verfügung stehen.

    Die ARD unterstützt damit ein hochgradig kommerzielles System. Saudi-Arabien will sich für die Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft 2030 bewerben…

    Noch ein Argument mehr, dass wir dabei sind.

    Die ARD könnte sich doch auf die kritische Berichterstattung darüber beschränken.

    Nur würde das keiner gucken. Ich möchte, dass die Menschen, die in großer Zahl jubeln, auch wissen, dass in diesem Land Frauenrechte mit Füßen getreten werden. Ich will mich nicht zu einem Nischenanbieter degradieren lassen. Wir wollen das volle Bild der Gesellschaften zeigen, in denen solche Ereignisse stattfinden.

    Sie betonen zu Recht die demokratiepolitische Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Sender. Wenn Sie jetzt zur BBC gingen und zu France Télévisions und sagen würden: Leute, wir kaufen die Rechte nicht für eine Veranstaltung in Saudi-Arabien. Dann würden sich die Verbände vielleicht überlegen, ob sie wirklich in diese Länder gehen. Das wäre eine Steuerungsmöglichkeit für Sie.

    Wer hat die ganzen unfassbaren Zustände bei der Fifa offengelegt? Und beim IOC? Das war das Rechercheteam der ARD.

    Die “Süddeutsche Zeitung” und Schweizer Medien waren auch beteiligt.

    Wir machen investigativ exzellente Arbeit beim Thema IOC. Davon lassen wir uns nicht abbringen, auch wenn wir um die Rechte mitbieten. Wenn solche Großveranstaltungen stattfinden, möchte ich sagen können: Wisst ihr, was das für ein Haufen ist, der da über die Rechte entscheidet? Meine große Sorge wäre: Wenn wir es anderen überließen, ich will da keine Namen nennen, dann wird das ein anderes Bild der Berichterstattung sein. Dann wäre wahrscheinlich alles super, was IOC und Fifa machen. Ich würde die Deutschen gern wissen lassen, wie es wirklich ist, mit journalistischer Kraft die Hintergründe beleuchten und Missstände aufdecken.

    Das heißt, bei den Sportrechten können Sie nicht sparen?

    Moment. Ich bin einer von neun Senderchefinnen und -chefs, und meine Haltung kennen Sie. Wir werden am Ende solidarisch und gemeinsam entscheiden, wo wir Prioritäten setzen.

    Das Sportrechte-Argument kommt auch stark aus den Landtagen, aus der Politik…

    Das kommt von den Menschen, die keine Sportübertragungen anschauen. Genauso wie Leute immer wieder an Unterhaltungsangeboten Anstoß nehmen, die ihren Geschmack nicht treffen. Damit muss ich leben.

    Das Thema Sparen bleibt. Die ARD muss sparen. Sie und WDR-Intendant Tom Buhrow haben bereits angekündigt, dass ein digitaler Fernsehkanal eingestellt werden soll, es wird wahrscheinlich auf den Sender One hinauslaufen…

    Wir sind darüber im Gespräch und wir sind uns sicher: In diesem Jahr wird das erste lineare Video-Angebot flexibilisiert.

    Wie viel sparen Sie ein durch die Einstellung von One? Acht Millionen Euro pro Jahr? Zehn Millionen?

    Die Signalwirkung ist wichtig. Das fordern gerade alle von uns. Wir wissen, dass die Summen, die in Rede stehen, natürlich viel größer sein werden. Daher sagen wir nicht: Wir flexibilisieren einen Kanal – welcher das sein wird, muss noch entschieden werden – und dann legen wir wieder die Hände in den Schoß. Viel mehr Wirkmacht steckt in all den anderen Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben. Jetzt sind die Umsetzungsteams am Start. Wir haben uns auf die erste Wegmarke im April verständigt, die nächste ist im Juni, dann muss das umgesetzt werden. Wir sind aus dem Stadium des Planens und Beschließens raus und sind in der Umsetzung.

    Sie selbst haben ein gemeinsames Mantelprogramm für die Dritten Programme ins Gespräch gebracht. Sind Sie da mit den Planungen auch weitergekommen?

    Sind wir. Wir werden das in der Videoprogrammkonferenz beraten und im Juni beschließen. Regional haben wir sehr unterschiedliche Priorisierungen. Es gibt Medienhäuser, die stärker auf regional geprägte Strecken setzen, andere weniger. Deswegen muss es nicht “one size fits all” sein, es kann auch sein, dass wir fünf Häuser haben, die sagen, wir machen ein gemeinsames Drittes Programm und schalten uns von 18 bis 22 Uhr auseinander oder von 16 bis 20 Uhr. Wie das letztendlich aussehen könnte, das sollten wir in der Einschätzung Fachleuten überlassen. In der Videoprogrammkonferenz ist das sehr gut aufgehoben.

    Sie wollen ja auch Fachleute in die neue ARD-Steuerungsgruppe berufen, die das Konzept der Kompetenzzentren näher ausarbeiten soll. Das haben Sie kürzlich bei der ARD-Pressekonferenz vorgestellt. Wer wird in der Steuerungsgruppe sein?

    Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass die Besetzung dieser Gruppe so schnell funktioniert. Wir haben eine Gruppe zusammengestellt, die interdisziplinär ist. Da sitzen Leute mit Produktionssachverstand, mit Programmsachverstand…

    Können Sie Namen nennen?

    Ich kann Ihnen sagen, wer die Gruppe leitet: Thomas Dauser, der beim SWR Direktor für Innovationsmanagement und digitale Transformation ist. Wir haben gesagt, es muss eine Gruppe sein, die über den Tellerrand hinausguckt. Aus jeder Landesrundfunkanstalt kommt ein Vertreter bzw. eine Vertreterin. Aber entscheidend ist, dass sich diese Person nicht als Vertreterin ihrer Landesrundfunkanstalt versteht und auch nicht als Sachwalterin der Produktion oder des Programms oder der Medienforschung. Diese Gruppe hat die schwierigste Aufgabe, die es in den letzten 20 Jahren in der ARD gegeben hat: Sie muss Mechanismen finden, wie die Reformen organisiert und verrechnet werden. Wenn ich zum Beispiel ein “Mantelprogramm” für fünf Häuser mache, ergibt sich daraus ja eine Synergie der fünf. Wem kommt das zugute? Allen in der ARD? Schieben wir das Geld in die Mitte des Tisches? Wie teilen wir es dann auf? Oder bei den Kompetenzzentren: Wenn ein Sender zum Beispiel sagt, er sei künftig der Klimasender in der ARD. Beliefert dieser Sender dann in der ARD alle anderen zum Thema Klima? Sparen sich die einzelnen Häuser dann den Aufbau einer Klimaredaktion oder wird eine vorhandene dann kleiner? Was hat der künftige “ARD-Klimasender” konkret davon, außer vielleicht Ruhm und Ehre?

    Sollen nur die großen ARD-Anstalten entsprechende Federführungen übernehmen?

    Es kann nicht sein, dass die großen Häuser alles machen und die kleinen warten, bis die Weisheit der großen über sie hereinbricht. Wir wollen, dass von Mecklenburg-Vorpommern bis zum Saarland die Häuser vertreten sind. Auch das zu steuern, ist Aufgabe dieser Steuerungsgruppe. Wir trauen dieser Gruppe, so wie sie besetzt ist, ganz viel zu.

    Wir können uns diese Synergien bei News-Formaten oder Magazinen gut vorstellen, Sie haben in der ARD-Pressekonferenz das Beispiel Medizinsendungen genannt, da braucht die ARD nicht sieben oder fünf unterschiedliche. Bedenken haben wir zum Beispiel beim Thema Hörspiel. Auch dafür soll ein Kompetenzzentrum gebildet werden. Da sind wir in einem kreativen Bereich, der stark zu Vielfalt beiträgt. Wie will man sich da einigen, wer was macht?

    Hörspiel ist ein Genre, das gerade in Podcast-Zeiten eine Renaissance erlebt. Trotzdem ist es ein sehr spezialisiertes Genre, das davon lebt, dass es aufwendig ist und hochwertig produziert wird. Aber noch einmal: Es gibt keine Tabus. Wir müssen uns bei allem fragen: Wie oft wollen wir was haben? Wie viel Regionalität ist beim Hörspiel notwendig? Wenn es nach mir ginge, würde ich bei allen Angeboten, die wir im Moment haben, sagen, die sind toll, wir behalten sie. Aber das werden wir nicht schaffen.

    Die ARD-Sender haben beim Hörspiel sehr unterschiedliche Ansätze. Der eine Sender macht sehr viele Adaptionen von Literaturvorlagen, der andere setzt mehr auf Originalhörspiele. Das macht den Reichtum des Hörspiels aus. Wie wollen Sie gewährleisten, dass dieser Reichtum bleibt?

    Der Reichtum muss bleiben, aber möglicherweise wird nicht die Vielzahl bleiben. Wir wollen die Vielzahl reduzieren, aber die Vielfalt erhalten. Das klingt nach der Quadratur des Kreises.

    Heißt das, Sie wollen die Zahl der Hörspiele reduzieren?

    Wir stehen vor der Herausforderung, mit deutlich weniger Ressourcen – auch inflationsbedingt – eine Bevölkerung von 84 Millionen Menschen zu erreichen. Deshalb gibt es keine Tabus. Weder beim Sport noch beim Hörspiel noch in der Unterhaltung.

    Nun lässt sich beim Hörspiel nicht so viel einsparen wie beim Sport oder in der Fernsehfiktion.

    Das ist klar. Wir haben uns bewusst für vier erste Themenfelder entschieden: Klima, Verbraucher, Gesundheit, Hörspiel. Da wird sich entscheiden, ob wir das überhaupt schaffen. Deshalb ist es gut, sich ein klar abgrenzbares und vom Volumen her überschaubares Genre vorzunehmen. Auch hier werden wir uns fragen, wie wir enger zusammenarbeiten können. Im Sommer werden wir weitersehen. Wir arbeiten jedenfalls weiter an unserem Update.

    WDR-Intendant Tom Buhrow hat in seiner Rede als Privatmann in Hamburg gesagt, ein Konzert klingt in Bayreuth genauso wie in Berlin. Er hat damit angedeutet, dass man Kulturprogramme vereinheitlichen könnte. Gibt es Pläne in dieser Richtung?

    Wir haben uns bei allen Genres im Hörfunk vorgenommen, enger zusammenzuarbeiten, bei Popwellen, den Infowellen, den Kulturwellen. Wenn ich anfange, rote Linien zu ziehen, kommen wir nicht weit. Wir nehmen alles unter die Lupe. In der Audioprogrammkonferenz sitzen Fachleute, die viel besser wissen als ich, wie viel Gemeinsamkeit machbar ist. Auch juristisch, denn wir dürfen keinen nationalen Hörfunk machen. Wie viele Stunden Programm muss jedes Haus originär machen? 20 Stunden? 16 Stunden? 8 Stunden? Was ist verantwortbar? Wenn ich im SWR-Sendegebiet am Tag sechs Sendestunden regionale, vom SWR produzierte Kultur hätte und in den anderen 18 Stunden bediente ich mich aus dem Besten der anderen Wellen, vom MDR, vom WDR, dann hätte ich nach wie vor ein unglaublich gutes Kulturprogramm.

    Das passiert doch schon längst. Wir hören sehr viel Radio und hören dieselben Beiträge bei SWR2, bei WDR5 und beim Deutschlandfunk.

    Ich stelle mal die ketzerische Frage: Wie oft muss ein Buch besprochen werden in der ARD? Es gibt natürlich Leute, die sagen: Wir brauchen eine Vielfalt der Perspektiven, ein Buch muss mindestens drei Mal besprochen werden. Da hätte ich persönlich eine andere Haltung. Aber ich will den Arbeitsgruppen nicht vorgreifen. Sonst mache ich die Leute ja kirre.

    Wir wollten damit nur sagen: Es wird bereits sehr viel zusammengearbeitet, wahrscheinlich mehr, als viele wissen.

    Aber wir können noch viel mehr. Irgendwo muss die Kraft herkommen, die wir brauchen. Ich kann den Mitarbeitenden nicht ständig noch zusätzliche Arbeit aufbürden. Es ist Schluss damit. Die Leute hier sind nach drei Jahren Pandemie und der Unsicherheit, wie sie künftig arbeiten werden, echt belastungsmäßig am Poller. Wir müssen auch für Entlastung sorgen, indem wir uns mehr Arbeit teilen.

    Die ARD-Finanzen werden auch sehr belastet durch die Rückstellungen für die Altersvorsorge. Da haben Sie neue Tarifabschlüsse erwirkt. Wirkt sich das bereits aus auf die Bedarfsanmeldungen für die Finanzkommission KEF?

    Wir hatten vor einigen Jahren einen Tarifabschluss, der geradezu bahnbrechend war, weil es uns gelungen ist, die Steigerungen der Altersversorgung von den Tarifsteigerungen zu entkoppeln. Wäre uns das nicht gelungen, wären wir heute in einer höchst problematischen Situation. Dafür bin ich allen, die daran beteiligt waren, außerordentlich dankbar.

    Die Regelungen für die Altersversorgung waren in den ARD-Anstalten sehr unterschiedlich. Ist das vereinheitlicht worden?

    Es gab unterschiedliche Regelungen, am Ende sind es Tarifverträge, die in den Häusern autonom abgeschlossen werden. Wir haben aber gesehen, was möglich ist, wenn wir solidarisch sind. Vor wenigen Wochen haben wir beim SWR einen Tarifabschluss geschafft, bei dem beide Seiten gezeigt haben, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben. Wir haben mit einer linearen Tarifsteigerung von 2,8 Prozent abgeschlossen. In diesen Zeiten! Das war auch ein großer Schritt für die Gewerkschaften. Wir werden sehen, wie das bei den nächsten Tarifverhandlungen ist, in der Hoffnung, dass die Inflationsrate dann nicht mehr ganz so dramatisch ist wie jetzt. Das auszuhandeln, ist aber Sache der Tarifparteien.

    Beim RBB wurde bekannt, dass es großzügige Ruhegelder für Führungskräfte gab, die jetzt immer noch bezahlt werden müssen und den Haushalt belasten. Gibt es in der ARD Bestrebungen, solche Regelungen zu vereinheitlichen, damit so etwas nicht wieder passiert?

    Da haben wir Dinge gesehen, die auch ich mir nicht hätte vorstellen können. Das sensibilisiert alle, noch einmal ihre Versorgungsleistungen anzuschauen. Die Versorgungsleistungen beim RBB sind am Gesamthaushalt gemessen nicht die Riesensumme, die über Sein oder Nichtsein entscheidet. Aber sie haben eine große Symbolwirkung. Auch das werden wir uns in Abstimmung mit unseren Aufsichtsgremien noch einmal genau anschauen müssen. Ich bin für den SWR sehr zuversichtlich, dass wir das Vertrauen unseres Verwaltungsrats haben.

    Auch die Beratungsdienstleistungen für ARD-Vorsitzende kosten Geld. WDR-Intendant Buhrow ließ sich in seiner Zeit als ARD-Vorsitzender extern beraten, Sie lassen sich von der Agentur Fischer-Appelt beraten. Man fragt sich: Warum ist das erforderlich? WDR und SWR sind ja große Sender mit großen Kommunikationsabteilungen.

    Wir haben den Vorsitz deutlich vor der Zeit übernommen, genau gesagt zwölf Monate früher als geplant. Eine Kernaufgabe des ARD-Vorsitzes ist Kommunikation. Und Kommunikation ist nicht mehr wie zu den Zeiten, als der SWR das letzte Mal den Vorsitz hatte, 2009/2010. Da kamen wir mit einem sehr schlanken Kommunikationsteam aus, weil Social Media noch kein Thema war. Wir standen jetzt vor der Herausforderung, ein ARD-Kommunikationsteam für die Jahre 2023/24 aus dem Stand aufzustellen, dafür haben wir uns für ein paar Monate Rat geholt. Alles andere hielte ich für höchst unprofessionell. Und dass Fischer-Appelt noch einen Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin hat, die die ARD und den Vorsitz aus eigener Erfahrung kennen, war eine glückliche Fügung.

    Die beiden, von denen die Rede ist, Svenja Siegert und Birand Bingül, haben früher beide in der WDR-Kommunikationsabteilung gearbeitet, als der WDR den ARD-Vorsitz hatte. Damals waren sie aber offensichtlich nicht in der Lage, Herrn Buhrow zu beraten, da er externe Berater beauftragt hat.

    Ich brauche niemanden, der mir sagt, was ich Ihnen zu sagen habe. Es geht um den Aufbau einer Kommunikationsstruktur, eines Kommunikationsapparats für ein großes Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitenden. Das mache ich nicht aus dem Stand und das mache ich nicht, ohne mir professionellen Rat zu holen. Wir üben nicht Vorsitz, sondern wir machen vom ersten Tag an Vorsitz, das ist jedenfalls mein Anspruch. Deshalb ist es ein Gebot der Professionalität.

    Ist nicht auch der ständige wechselnde Vorsitz der ARD ein Problem? Dass das nicht mehr so einfach zu bewältigen ist neben allem anderen, was man als Intendant zu tun hat?

    Es ist Problem und Tugend zugleich. Das Föderale ist auch ein Segen. Ich habe 16 Jahre lang eine Gemeinschaftseinrichtung der ARD geleitet und erlebt, wie unabhängig ich Journalismus in diesem föderalen Medienverbund betreiben konnte. Bei ARD-Aktuell gibt es keinen, der sagt: Macht das oder jenes. Diese “checks and balances” funktionieren toll. Es gibt keine dominierende Macht, wie die Amerikaner in der Nato, die immer sagen, wo es langgeht, sondern es kommt jeder mal an die Reihe. Es gibt Reibungsverluste bei dem ständigen Wechsel, aber es ist auch ein Stück Vertrauensbildung. Und wegen dieser Vorteile bin ich bereit, manche Belastung, die dadurch entsteht, in Kauf zu nehmen.

    Kann das langfristig funktionieren? Der Medienwissenschaftler Otfried Jarren hat kürzlich gesagt, die ARD ist von der Größe her mit einem Etat von insgesamt rund sieben Milliarden Euro ein Konzern, aber sie wird nicht geführt wie ein Konzern, auch die Aufsicht funktioniert nicht wie bei einem Konzern.

    Das ist doch genau die Tugend, die ich beschrieben habe. Wir sind kein Konzern. Wir wollen auch kein Konzern sein. Ich möchte nicht, dass jemand aus Leipzig den Menschen in Saarbrücken sagt, was sie zu tun und zu lassen haben. Wir sind ein regionaler Medienverbund. Unsere Stärke besteht darin, dass wir regional überall vertreten sind und deshalb wissen, wie die Menschen hier ticken und warum sie so ticken. Das ist die große Stärke, die würden wir einbüßen, wenn wir sagen würden, wir sind ein Konzern und unsere Konzernzentrale ist auch noch in Berlin.

    Aber wäre es nicht eine Idee, eine zentrale Kommunikationsstruktur für die ARD einzurichten, auf die der wechselnde Vorsitz zugreift? Das wäre auch für Journalisten einfacher.

    Wir sind ja nicht auf der Welt, um es Journalisten einfach zu machen. Über eine zentrale Kommunikationsstruktur denken wir immer wieder nach und verwerfen sie dann jedes Mal. Wenn ich mir überlege, dass mein Kommunikationsteam für den ARD-Vorsitz in Berlin säße und der Generalsekretärin unterstehen würde oder der RBB-Intendantin – ich kann es mir nicht vorstellen. Wir würden eine Kakophonie erzeugen, die auch Medienjournalisten nicht hilft. Das würde zur Belustigung beitragen, aber nicht im Sinne unseres Medienverbunds.

    Foto: Andreas Langen / epd

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  • “Wer gut schreiben kann, hat einen riesigen Fundus” – Andreas Fischer-Appelt über die Suche nach Talenten.


    Unternehmer-Herz: “Ich wollte nie konservativ sein”, sagt
    Andreas Fischer-Appelt im turi2 Jobs-Podcast. Im Gespräch mit turi2-Verleger Peter Turi verrät der Gründer und Vorstand der Agentur­gruppe FischerAppelt, dass er es in manchen Situationen dennoch ist. Grund­sätzlich versuche er, “für das neue zu sein” und “etwas auszuprobieren”. Allerdings gebe es auch Dinge, “die muss man sein lassen, weil man die Lebens­erfahrung hat, dass man damit nicht arbeiten kann”. Progressivität wollen er und sein Bruder und Mitgründer Bernhard Fischer-Appelt auch bei der Mitarbeiterinnen-Suche zeigen. Ihnen gehe es eher darum, “Top-Talente zu kriegen” und diese an passenden Stellen einzusetzen, als sich auf strikte Stellen­beschreibungen zu versteifen. Dabei muss der Unternehmer mittlerweile “echt dafür werben und etwas bieten”, um passende Mitarbeitende zu finden.

    Wer in der Kommunikation arbeiten will, sollte sich die Branche anschauen, Kontakt aufnehmen und “herausfinden, was für eine Kultur in der Firma herrscht”, rät Fischer-Appelt. Job-Portale allein reichen seiner Meinung nach nicht aus. Wichtiger sei es, mit bestehenden Mitarbeitenden zu sprechen. Großen Respekt habe er vor jungen Bewerberinnen, die schon wissen, was sie können und wollen: “Darauf kannst du aufbauen”. Auch “sprachliche Kompetenz” spielt für Fischer-Appelt eine große Rolle. “Wer gut schreiben und erzählen kann, hat einen riesigen Fundus.” Das könne sowohl als Journalistin als auch in der Kommunikations-Branche eingesetzt werden.

    Einsatz­möglichkeiten gebe es in der Agentur viele: “Wir haben inzwischen bestimmt 50 Berufs­bezeichnungen in der Firma”. Fischer-Appelt, der selbst schon als Kind vom Handel fasziniert war, will genau das auch bei seinen Mitarbeitenden sehen. “Die Inspiration unternehmerisch zu denken, Bereiche auszubauen und soziales Engagement zu bringen, wird gefördert.” Im Vordergrund stehe bei Fischer-Appelt immer, “moderne PR zu machen, Menschen direkt zu erreichen und Verhaltens­veränderungen durchzuführen”.

    Andreas Fischer-Appelt ist eines von 100 Jobs-Vorbildern aus der turi2 edition #17. Das Buch zum Thema “Arbeiten in der Kommunikation” gibt es hier als kostenloses E-Paper. Die Podcast-Reihe turi2 Jobs begleitet die Buch-Veröffentlichung und die neue Jobs-Plattform turi2.de/jobs.
    turi2.tv (48-Min-Podcast auf YouTube), turi2.podigee.io, spotify.com, podcast.apple.com, deezer.com, audionow.de

    Text: Pauline Stahl

  • Porträt: Andreas Fischer-Appelt, Vorstand von FischerAppelt.

    Familienunternehmer: Anders als heute ist CO2 vor 45 Jahren kein Thema. Der Teenager Andreas Fischer-Appelt interessiert sich trotzdem dafür. Er hat gerade einen Naturschutzklub gründet und fragt Bernhard Grzimek, den prominenten Naturforscher. Der bestätigt: CO2 kann bedrohlich werden.

    “Andere können das Meiste fachlich besser als ich”, sagt der Mitgründer und Vorstand der Agenturgruppe FischerAppelt heute. “Aber mich drängt es als Unternehmer, mutig neue Dinge anzupacken. Darauf konzentriere ich mich.” Die vor 35 Jahren gegründete Firma zählt aktuell rund 700 Beschäftigte an zehn Standorten von Nürnberg bis New York. “Zuhören und gute Fragen zu stellen, das ist der Anfang eines jeden Beratungsgesprächs”, daran hat Fischer-Appelt über die Jahre festgehalten.

    Besonders freut sich der Vater von vier Kindern, wenn seine Arbeit sogar die Welt ein bisschen besser macht – siehe Textanfang. Über Abfallvermeidung und Recycling zu kommunizieren, damit hat die Agentur im Jahr 1986 begonnen. Heute erzählt Fischer-Appelt begeistert von einer honorarfreien Kampagne, um Spendengelder für ein Rettungsschiff zu mobilisieren. Es ist gebaut und bezahlt worden. “Und es hat bereits Hunderte Menschen aus dem Mittelmeer gerettet.”

    Andreas Fischer-Appelt
    Geb. 1964 in Bonn
    1977: Erste Handelsgeschäfte mit Münzen auf dem Flohmarkt
    1987: BWL-Studium in Hamburg
    1989: VWL-Studium in den USA
    1986: Gründung der Agentur FischerAppelt
    2019: Landesvorsitzender Verein “Die Familienunternehmer”

    Dieser Beitrag ist Teil der turi2 edition #17 Jobs – lesen Sie alle Geschichten hier im E-Paper:

  • turi2 Termin-Tipp: jobs@turi2, Annalena Baerbock, “Für Sie” College.


    Nehmen Sie sich Zeit – für die Karriere, für politische Gedanken, für sich: Unsere drei Termin-Tipps in dieser Woche helfen dabei. turi2 startet in der Audio-App Clubhouse am Dienstag um 19 Uhr jobs@turi2, die Partnerbörse der Kreativwirtschaft. Zur Premiere erzählt Gastgeber und Gründer Andreas Fischer-Appelt vom Aufstieg seiner Agentur vom Zwei-Mann-Studentenprojekt zur führenden Content-Marketing-Agentur. Oder Sie nehmen sich Eine Stunde Zeit für Annalena Baerbock. Im Gespräch mit der “Zeit” geht es am Dienstag u.a. um die Positionierung der Grünen im Superwahljahr. Am Donnerstag zeigen Yogalehrerin Anna Rech und Autorin Melanie Mühl im kostenlosen “Für Sie” College, wie Sie Ihr Körpergefühl positiv stärken können.

    Wir schicken Ihnen in diesem Newsletter noch 18 weitere spannende Online-Events für die Kommunikationsbranche in den kommenden vier Wochen. Auf turi2.de/termine finden Sie schon eine Übersicht für das gesamte Jahr. Fehlt noch ein wichtiger Termin? Dann schicken Sie uns eine Empfehlung an post@turi2.de.

    23. Februar: jobs@turi2 mit Andreas Fischer-Appelt bei Clubhouse
    Veranstalter: turi2
    Livestream
    turi2.de/clubraum

    23. Februar: Eine Stunde Zeit mit Annalena Baerbock
    Veranstalter: “Zeit”
    Livestream
    verlag.zeit.de

    25. Februar: “Für Sie” College – Body Care
    Veranstalter: “Für Sie”
    Livestream
    college.fuersie.de

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    Das FÜR SIE College by SOCIAL MOMS geht in die fünfte Runde. Am 25. Februar sprechen wir mit den Expertinnen Anna Rech von YogaEasy und Buchautorin Melanie Mühl über das Thema „Body Care“. Sichern Sie sich HIER Ihr kostenloses Workshop-Ticket!

    Weitere Termine der kommenden drei Wochen im März

    1. bis 5. März: “Zeit” für Arbeit
    Veranstalter: Zeitverlag
    Online-Konferenz
    verlag.zeit.de

    3. März: VDZ Distribution Summit
    Veranstalter: VDZ Akademie
    Online-Konferenz
    vdz-akademie.de

    4. März: This is social media now – was Medien, Politik und Gesellschaft heute für die Demokratie tun müssen #MTMdigitalk
    Veranstalter: Medientage München
    Livestream
    medientage.de

    4. März: VDZ Tech Summit
    Veranstalter: VDZ Akademie
    Online-Konferenz
    vdz-akademie.de

    5. März: Demo Day
    Veranstalter: Journalismus Lab Landesanstalt für Medien NRW
    Livestream
    journalismuslab.de

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    Vom 21.-23. Februar werden beim Digital-Event DLD All Stars Speaker:innen wie Biontech-Gründer Ugur Sahin oder BMW-CEO Oliver Zipse ihren Call-to-Action für 2021 geben – gemäß dem diesjährigen DLD-Motto “What the World Needs Now…”. Jetzt kostenlos anmelden

    5. März: Live-Talk “Frauen – Medien – Rollenbilder”
    Veranstalter: Thüringer Landesmedienanstalt, Landesfrauenrat Thüringen
    Livestream
    tlm.de

    8. März: Affiliate Conference
    Veranstalter: Xpose360
    Online-Konferenz
    affiliate-conference.de

    8. bis 9. März: Pitchdays 2021
    Veranstalter: ProSiebenSat.1
    Online
    pitchdays21.airlst-events.com

    8. bis 12. März: Commerce Week 2021
    Veranstalter: Ebner Media Group
    Online-Konferenz
    commerce-week.de

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    Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? Wie lebt man Vielfalt in Unternehmen? Wie begleiten wir den digitalen Wandel? Wie werden Unternehmen für nachrückende Generationen attraktiv? Vordenker geben Antworten bei der digitalen Themenwoche ZEIT für Arbeit.
    Jetzt kostenfrei anmelden: www.zeitfuerarbeit.net

    9. März: 3. Nordic TownHall auf Twitter zu #Gleichberechtigung
    Veranstalter: BotschafterInnen Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens, Schwedens
    Livestream
    twitter.com

    9. bis 10. März: SAP Now Berlin
    Veranstalter: SAP
    Online-Konferenz
    sap.com

    9. bis 11. März: Künstliche Intelligenz erfolgreich umsetzen
    Veranstalter: Euroforum
    Webinar
    club.handelsblatt.com

    10. März: Smart World Convention
    Veranstalter: BVDW
    Online-Konferenz
    bvdw.org

    11. März: Corporate Influencer Day
    Veranstalter: Deutsche Presseakademie
    Online-Konferenz
    depak.de

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    Welche Chancen bieten Podcast, Clubhouse & Co für Unternehmen? Intern & extern? Welche Erfahrungen & Tipps könnt ihr teilen? Darüber diskutieren wir heute Abend um 19 Uhr im turi2 Clubraum bei Clubhouse mit Lothar Lambertz, Lina Brinkschulte, Kerstin Deixler, Patrick Kammerer, Julia Krittian und Michael Manske. Wir hören uns!
    turi2.de/clubraum, joinclubhouse.com (Link für den iPhone-Kalender)

    11. März: Abo-Bestellprozesse optimieren – Mehr Abonnenten mit der gleichen Anzahl an Besuchern gewinnen
    Veranstalter: VDZ Akademie
    Webinar
    vdz-akademie.de

    12. März: “FAZ”-Kongress “Zukunft Gestalten”
    Veranstalter: “FAZ”
    Online-Kongress
    fazkongress.de

    17. März: W&V Green Marketing Day
    Veranstalter: “W&V”
    Online-Konferenz
    wuv.de

    20. März: Crime Day
    Veranstalter: “stern Crime”, Penguin Random House
    Livestreams
    crimeday.de

    Alle Veranstaltungen für Meinungsmacher*innen gibt’s immer aktuell auf turi2.de/termine.

  • Content Marketing soll Qualitätsstandard bekommen.

    Content Marketing soll sich mehr der Qualität verschreiben, wünscht sich der Chef von Fischer-Appelt, Matthias Wesselmann. In seinen Augen herrschen im Metier “chaotische Zustände”. Auch Andreas Arlt, Digital Transformation Manager der WDV-Gruppe, schließt sich der Forderung an, glaubt aber nicht an eine zeitnahe Übereinkunft aller Beteiligten.
    horizont.de

  • Adel Gelbert wird Chef der Content-Marketing-Schmiede C3.


    Neue Kommando-Struktur: C3 macht Adel Gelbert zum CEO. Gelbert kommt von der Beratungsagentur FischerAppelt Advisors. Die Gründer Lukas Kircher (oben rechts) und Rainer Burkhardt rücken auf Chairman-Posten. Burda gehört inzwischen 85 % an C3 und will es bei diesem Anteil belassen. Mit Gelbert bekommt C3 erstmals einen CEO.

    Gelbert wird die Agentur mit Digitalchef Blundstone Osterberger und Gregor Vogelsang führen. Zur neuen Struktur gehört ein Beirat, in dem neben Kircher und Burkhardt die Burda-Vorstände Philipp Welte und Andreas Rittstieg sitzen. In die entgegengesetzte Richtung – von C3 zu FischerAppelt – wechselt Klaus Madzia: Der bisherige Chefredakteur wird Direktor für Digitalstrategie.
    cp-monitor.de, horizont.net, fischerappelt.de (Madzia)

    Aus dem Archiv von turi2.tv: C3-Chef Lukas Kircher fühlt sich mitschuldig am Niedergang der klassischen Medien.

  • Frank Behrendt verlässt Fischer-Appelt.

    Frank_Behrendt_600
    Vielen Dank, Frank! Frank Behrendt, 53, verlässt Fischer-Appelt nach sechs Jahren. Die Kommunikationsagentur und ihr früherer Vorstand lassen die Zusammenarbeit “freundschaftlich ausklingen”, schreibt Vorstand Andreas Fischer-Appelt in einem Blogbeitrag. Bereits im März 2016 hatte Behrendt sich von seinem Vorstandsjob zurückgezogen und war seitdem als Senior Advisor aktiv, der “ausgewählte Kunden” betreut.

    Als “Guru der Gelassenheit” hatte PR-Mann Behrendt zuletzt vor allem Eigen-PR betrieben. Seine Einstellung Liebe Dein Leben und nicht Deinen Job, die Behrendt in Buchform verbreitet, konnte in der Agentur womöglich nicht jeden begeistern. Die Idee, mit der neuen Bekanntheit Kunden zu akquirieren, aber vom anstrengenden Tagesgeschäft die Hände zu lassen, war auf Dauer wohl doch kein Geschäftsmodell. Auf Nachfrage lässt Behrendt wissen, bisher keinen neuen Job in der Tasche zu haben: “Mir wird schon was Spannendes einfallen”, schreibt er.
    fischerappelt.de, turi2.de (Background)

  • Video-Tipp: FischerAppelt will für Aufmerksamkeit nicht schreien.

    VideotippVideo-Tipp: Die Kommunikationsagentur FischerAppelt will im Wettbewerb um Aufmerksamkeit nicht zu denen gehören, die am lautesten schreien. In einen Kurzvideo in schwarz-weiß, das Starfotograf und Regisseur Anatol Kotte inszeniert hat, bekunden die vier Vorstandsmitglieder Bernhard Fischer-Appelt, Franziska von Lewinski, Matthias Wesselmann und Andreas Fischer-Appelt ihre “Wertschätzung für Aufmerksamkeit”.
    youtube.com (2-Min-Video), fischerappelt.de

  • Lese-Tipp: Andreas und Bernhard Fischer-Appelt prügeln sich nicht mehr.

    FischerAppelt_150Lese-Tipp: Andreas und Bernhard Fischer-Appelt prügeln sich nicht mehr bei Meinungsverschiedenheiten, sagen die Brüder und Gründer der nach ihnen benannten Agentur im “Horizont”-Interview zum 30. Agentur-Geburtstag. Künftig will FischerAppelt auch im Bereich Media ein Wörtchen mitreden, mit den Platzhirschen der Branche anlegen will sich die Agentur allerdings nicht.
    “Horizont”, 38/2016, S. 12 (E-Paper)