Unter Beobachtung: Nach Skandalauftritten des russischen Außenministers Sergej Lawrow und kremlnaher Journalisten im italienischen Fernsehen, beschäftigt sich der Geheimdienstausschuss des Parlaments mit der Verbreitung russischer Propaganda in den italienischen Medien. Matthias Rüb (Bild) berichtet in der "FAZ" von einheimischen Putin-Verstehern im TV und regelmäßigen Live-Schalten zu kremltreuen Sprecherinnen, die ungefiltert russische Propaganda verbreiten dürfen.
faz.net (Paid)
Hör-Tipp: Im Spiegel-Podcast Stimmenfang geht Marius Mestermann (Bild) der Frage auf den Grund, was die Propaganda von Wladimir Putin in Deutschland bewirkt und konfrontiert Putin-Fans am "Tag des Sieges" mit der Meinungsmache aus Moskau. Die Desinformationsexpertin Pia Lamberty zieht Parallelen zwischen Kremltreue und Coronaleugnung und gibt Tipps, was gegen Verschwörungsmythen helfen könnte.
spiegel.de (34-min-Audio)
Von der Kunstfreiheit gedeckt?: Das Onlinemagazin Vice und die Recherche-Plattform Frag Den Staat reichen Klage gegen die Deutsche Welle ein, weil der Sender offenbar keine detaillierten Informationen über eine Kunstsammlung herausgeben will, die er vor vier Jahren gekauft hat. Die Sammlung umfasst zehn Arbeiten der senegalesischen Künstler Issa Samb und Soly Cissé. Vice wollte u.a. herausfinden, ob Intendant Peter Limbourg eine Kunstwissenschaftlerin ohne gesetzlich vorgeschriebenes Vergabeverfahren "mit einem hoch dotierten Beratervertrag ausgestattet hat". Die Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz im Januar ließ die Deutsche Welle unbeantwortet, obwohl sie als aus Steuergeldern finanzierter Sender zur Auskunft verpflichtet ist.
Der Sender begründet sein Schweigen damit, dass die Kunstsammlung durch Berichte, Projekte und Partnerschaften "mit der Programmarbeit verzahnt" sei, so die Justiziare der Deutschen Welle. Die Rechercheure fordern die Informationen nun über den Rechtsweg ein.
Update 12.35 Uhr: Nach Veröffentlichung des Artikels bei Vice hat die DW-Pressestelle auf die ursprüngliche Anfrage geantwortet. Der Beratervertrag liege in seinem finanziellen Volumen unterhalb des EU-Schwellenwertes, heißt es. Vice und Frag den Staat wollen die Klage trotzdem weiter laufen lassen. "Wir möchten die Hintergründe transparent machen", schreiben sie bei Twitter.
vice.com, fragdenstaat.de, spiegel.de, twitter.com
Tazkräftig: Die "taz" erscheint heute mit einer Sonderbeilage der unabhängigen russischen Zeitung "Novaya Gazeta Europe", deren Redaktion Väterchen Frost mittlerweile verlassen hat und aus dem Ausland produziert. Ausgewählte Texte erscheinen auf deutsch, russisch und ukrainisch; zu lesen sind sie sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe.
taz.de
Termine: Die Landesmedienanstalt Saarland lädt ab 11 Uhr zum Online-Matinée zum Internationalen Tag der Pressefreiheit ein. Über die aktuelle Lage der Medien in Russland, Belarus, Moldau und der Ukraine diskutieren u.a. RTL-Reporterin Charlotte Maihoff und Lutz Kinkel, Leiter des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit. Das Event ist online und kostenlos.
Termine für Journalistinnen – bequem vorsortiert unter turi2.de/termine
Meinungsmacht: Das Medienverständnis von Wolodimir Selenskij wird zum Problem, analysiert Christoph Koopmann in der "Süddeutschen Zeitung". Der ukrainische Präsident denke seit seinem Amtsantritt, dass er die traditionellen Medien "nicht brauche", seine Landsleute bekämen Kriegs-Informationen mittlerweile fast nur noch über die Regierung. Falschmeldungen sind nicht ausgeschlossen: Die genaue Zahl russischer Verluste, die ukrainische Politikerinnen schnell parat hätten, sei "gar nicht ad hoc festzustellen".
sueddeutsche.de (Paid)
Free Assange: 37 Bundestagsabgeordnete von FDP, SPD, Grünen und der Linken fordern, die Auslieferung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange von Großbritannien an die USA zu stoppen, berichtet der "Spiegel". In einem offenen Brief an 24 Mitglieder des britischen Parlaments warnen sie vor dem "abschreckenden Effekt", den eine Auslieferung "auf die Pressefreiheit, investigativen Journalismus und die Meinungsfreiheit" hätte.
spiegel.de
Termine: Das Friedrich-Naumann-Stiftung und der MVFP laden ab 18 Uhr zum Pressefreiheitsabend. Es geht um die Macht und Freiheit der Presse in Krisenzeiten, dazu diskutieren u.a. Funke-Auslandsreporter Jan Jessen und Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung. Die Veranstaltung ist kostenlos und online.
Termine für Journalistinnen – bequem vorsortiert unter turi2.de/termine
Termine: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels lädt zum Auftakt der "Woche der Meinungsfreiheit" zur Diskussion zum Thema Die Freiheit des Wortes unter Druck: Was können Medien- und Kulturschaffende tun?. Darüber debattieren u.a."stern"-Chefredakteurin Anna-Beeke Gretemeier und Schriftsteller Sebastian Fitzek. Interessierte können ab 11 Uhr kostenlos live bei YouTube zuschauen.
Die wichtigsten Termine der Branche – bequem sortierbar nach Ihren Interessen: turi2.de/termine
Eklat am Spielfeldrand: Britische Fußball-Fans haben beim Europapokal-Spiel zwischen West Ham United und Eintracht Frankfurt am Abend in London zwei Hörfunkreporter der ARD attackiert. Philipp Hofmeister und Tim Brockmeier berichten hörbar geschockt von Schlägen der Gastgeber-Fans. In den Sekunden vor dem Vorfall sind Tumulte hörbar. "Wir werden hier attackiert. Meinem Kollegen Tim haben sie das Headset runtergeworfen", kommentiert Hofmeister den Vorfall live.
Möglicherweise hätten die "Tor"-Schreie der Reporter beim zwischenzeitlichen Führungstreffer von Eintracht Frankfurt die britischen Fans aufgebracht, vermutet Brockmeier. Beide überstehen den Vorfall unverletzt und moderieren nach dem Wechsel der Kommentatorenplätze das Spiel bis zum Schluss. Während des Angriffs sei den Betroffenen zufolge kein Sicherheitspersonal in der Nähe gewesen, die Presseverantwortlichen der Heimmannschaft hätten aber schnell und vorbildlich reagiert. (Foto: Arne Dedert / dpa / Picture Alliance)
hessenschau.de (2-min-Audio), bild.de
Bild darf weiterhin über Spionage-Aktivitäten von RT Deutschland schreiben, urteilt das OLG Frankfurt am Main. Der Kreml-nahe Sender wollte den "Bild"-Artikel "Kremlsender-Reporter gesteht in Bild: Ich sollte Nawalny ausspionieren" von März 2021 aus dem Verkehr ziehen. Laut Gericht liefere der Text "einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage".
derstandard.at
Unter Polizeischutz: Bei einer pro-palästinensischen Versammlung in Berlin wurden mehrere Journalisten angegriffen und antisemitisch beleidigt, berichtet die "Bild". In einem Video ist zu sehen, wie die Polizei "Bild"-Reporter Peter Wilke (Foto) aus der Demonstration begleitet. Dabei rufen Demonstranten judenfeindliche Parolen. Auch das Jüdische Forum berichtet von Übergriffen auf Pressevertreterinnen.
bild.de, twitter.com (Video), twitter.com (Jüdisches Forum)
Video-Tipp: "Zapp" berichtet über den Start des Europa-Ablegers der "Novaya Gazeta". Das Medienmagazin zeigt wie die mittlerweile in Russland eingestellte Kreml-kritische Zeitung aus dem Ausland heraus die Russen über den Ukrainekrieg informiert.
ndr.de (3-min-Video)
Stalking als Storygarant: Autor Boris Rosenkranz beschreibt am Beispiel eines Fotografen, der Helene Fischer obsessiv verfolgt und die Bilder meistbietend verkauft hat, die perfide Symbiose von Paparazzi und Klatschpresse. Klatschblätter aus Verlagen, "die sich als ehrliche, bodenständige Unternehmen geben und sich für seriöse journalistische Produkte feiern" beschäftigen professionelle Stalker, die Promis das Leben zur Hölle machten. Die Yellow Press konstruiere daraus Skandal-Berichte oder zynische Geschichten über Promis in der Stalking-Falle.
uebermedien.de (Paid)
"Wir haben sehr schnell verstanden, dass wir in Freiheit nützlicher sind als im Gefängnis."
Doschd-Chefredakteur Tichon Dsjadko sendet jetzt aus Georgien und muss täglich abwägen "zwischen der Notwendigkeit, eigene Informationen aus Russland zu haben, und der, die Leute nicht in Gefahr zu bringen".
tagesschau.de
Nörgel-Factory: Tesla hat ein Problem mit kritischen Journalistinnen, bemängelt Harald Stocker in einem DJV-Kommentar. Er sei bereits vor 13 Jahren nach einem TV-Dreh von Musks Unternehmen gerüffelt worden, seitdem sei die Situation "eher schlimmer" geworden. Teslas Zeichen, zur Eröffnungsfeier in Grünheide nur ausgewählte Medien einzuladen, sei unangemessen: Ein von Steuergeldern finanziertes Unternehmen habe sich "an die demokratischen Spielregeln zu halten".
djv.de
Hör-Tipp: Ukrainische Medienschaffende kritisieren die Besetzung der Journalistin Marina Owsjannikowa (Foto) für die "Welt". So sagt die ukrainische Journalistin Anna Romandash im Deutschlandfunk, Owsjannikowas "Narrative sind definitiv nicht pro-ukrainisch". Medienwissenschaftlerin Anna Litvinenko hält es für wichtig, die Russin auf ihrem Weg in Richtung liberalen Journalismus "abzuholen".
ardaudiothek.de (9-Min-Audio), turi2.de (Background)
Pressefreiheit: Eine freie Mitarbeiterin der "NOZ" ist scheinbar wegen ihrer Berichterstattung zu einem Prozess gegen zwei Brüder massiv bedroht worden. Nach Erscheinen ihres Artikels "Clan-Prozess mit Rolex" soll jemand vor ihrem Haus in die Luft geschossen haben, zudem sei ihr Haus gefilmt und ihr Auto beschädigt worden. Eine Angehörige der Angeklaften habe ihr im Gerichtssaal "Halt's Maul" zugeflüstert. Die Betroffene sowie die "NOZ" kommentieren den Fall nicht.
spiegel.de
Der Staat liest mit: Russische Medien fürchten sich vor einer noch weitreichenderen Zensur als sie ohnehin bereits stattfindet. Die Duma will u.a. ein Gesetz verabschieden, das auch das Zitieren von angeblichen "Fälschungen" aus anderen Publikationen unter Strafe stellt. Selbst die regierungsnahe Zeitung "Moskowski Komsomolez" betont, es sei "unmöglich", nur mit offiziellen Pressemitteilungen von Politikern zu arbeiten.
br.de, mk.ru
Hase und Igel: Ellen Nebel über die schwierige Umsetzung des Verbots von RT DE.
Föderale Uneinigkeit: Der russische Propagandasender RT DE führt den deutschen Rechtsstaat “nach allen Regeln der Kunst vor”, schreibt epd-Redakteurin Ellen Nebel bei epd Medien. Bei der Umsetzung des EU-Verbots mache Deutschland “keine glamouröse Figur” und könne den “Wettlauf von Hase und Igel” nur gewinnen, wenn Zuständigkeiten in der Medienaufsicht zwischen Bund und Länder “klar und klug verteilt werden”. turi2 veröffentlicht Nebels Text in Kooperation mit epd Medien in der neuen, wöchentlichen Reihe Das Beste von epd Medien bei turi2.
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Vor Gericht: Der Angeklagte im "NSU 2.0"-Prozess hat bei der Verhandlung heute in Frankfurt am Main den Journalisten Deniz Yücel beschimpft und verbal bedroht. Yücel und weitere Geschädigte hatten seit 2018 Drohschreiben erhalten, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet waren. Yücel, der im Prozess als Zeuge auftritt, stellte dem mutmaßlichen Täter die Frage, ob weitere Hass-Schreiben von ihm stammten. Darauf erwiderte dieser, er würde noch "ganz andere Sachen mit ihm machen, wenn er könnte". Laut Yücel wollte die Richterin diesen Vorfall zunächst nicht ins Protokoll aufnehmen, bis er darauf bestanden habe.
Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft dem 54-Jährigen Angeklagten u.a. Beleidigung in 67 Fällen, Bedrohung und Nötigung vor. Die Serie von Hass-Mails hatte 2018 gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz begonnen.
welt.de, twitter.com (Statement Yücel), fr.de
Überlebenskampf: Meduza, unabhängiges russischsprachiges Online-Magazin, kämpft ums Überleben und ist so "bedroht wie nie", sagt Chefredakteurin Galina Timtschenko im "Spiegel"-Interview: "Ohne Hilfe haben wir noch drei, maximal vier Monate." Man benötige nun dauerhafte Unterstützung. Meduza ist in Russland wie viele andere Kreml-kritische Medien gesperrt. Trotzdem erreichen die Meduza-Texte noch die Menschen im Land: "Besser, als wir dachten." Vor dem Krieg habe man monatlich zwischen 12 und 20 Mio Leserinnen gehabt, 64 % davon aus Russland. Nun beobachte man, wie "die Leute sich anpassen". So seien die Zugriffszahlen aus den Niederlanden binnen drei Wochen um 400 % angestiegen – ein Indiz dafür, dass russische Userinnen über Umwege wie etwa VPN-Netzwerke auf die Seite gehen. "Auch auf winzigen Pazifikinseln scheint Meduza plötzlich beliebt zu sein."
Angesprochen darauf, wie es in der derzeitigen Kriegs-Situation um den russischen Journalismus steht, gibt Timtschenko ein ernüchterndes Fazit ab: "Es gibt keinen Journalismus in Russland mehr", bilanziert sie. "Alles, wofür wir jahrelang gekämpft haben, wurde in nur einem Monat zerstört." Drei bis fünf Meduza-Journalistinnen seien noch in der Ukraine vor Ort, "deutlich mehr in Russland". Zudem seien "viele unserer Kolleginnen und Kollegen im Exil oder leben im Ausland".
spiegel.de (Paid)
(Foto: IMAGO / Russian Look)
Unter Verschluss: Die Redaktionen von "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" fordern mit juristischen Mitteln Informationen zur Arbeit des Corona-Expertenrats der Bundesregierung. Die Zeitungen haben dem Kanzleramt einen förmlichen Widerspruch übermittelt, weil es keine Details veröffentlichen will, wie die Texte des Expertenrates zustande kommen, schreibt Datenredakteur Jan Georg Plavec. Per Anwalt fordern sie nun erneut die Herausgabe von Tagesordnungen, Protokollen und weiteren Unterlagen des Corona-Expertenrats. "Sollte die Behörde weiter schweigen, bleibt nur noch der Gang vors Verwaltungsgericht"
Die Redaktionen hatten im Dezember 2021 Infos gefordert, "welche Expertise oder Studien die Mitglieder einbringen und welche Punkte noch diskutiert werden". Das Kanzleramt hat die Einsicht demnach im Februar mit der Begründung abgelehnt, die Details würden die "Beratungs- und Entscheidungsprozesse" beeinträchtigen. Dies sei unverständlich, da Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem Rat "mehr Akzeptanz und Transparenz" schaffen wollte. Außerdem sei die Anfrage durch das Presseauskunft- und Informationsfreiheitsrecht gedeckt, schreibt Plavec. (Foto: Michael Kappeler / dpa / Picture Alliance)
stuttgarter-zeitung.de, bundesregierung.de
Fake-Artikel: Die kroatische Tageszeitung Slobodna Dalmacija ist zum Ziel von pro-russischen Hackern geworden. Am Dienstag sind auf der Webseite etwa ein Dutzend Artikel mit russischer Propaganda über den Ukraine-Krieg erschienen. Als Verfasser waren Autorinnen der Zeitung angegeben. Die Polizei hat Ermittlungen zu dem Vorfall aufgenommen.
derstandard.at
Alk-Attacke: Zwei Männer, die offenbar alkoholisiert waren, haben die Redaktion der linken Tageszeitung "nd" in Berlin-Friedrichshain angegriffen. Laut Angaben der Zeitung haben sie versucht, das Gebäude zu betreten und es mit Bierflaschen beworfen. "nd"-Verlagsleiter Rouzbeh Taheri (Foto) bestätigt, dass dabei Ausdrücke wie "Lügenpresse" gefallen seien.
Verletzt wurde bei dem Angriff niemand, allerdings sei Sachschaden entstanden. Die Täter sind flüchtig, der Staatsschutz ermittelt. "nd" vermutet einen rechtsradikalen Hintergrund.
t-online.de, twitter.com (Tweet "nd")
Ukraine: Präsident Wolodymyr Selenskyj will alle ukrainischen TV-Sender zusammenlegen. Dafür habe er ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, teilt sein Büro mit. In Kriegszeiten sei es wichtig, eine "einheitliche Informationspolitik" zu haben, begründet Selenskyj den Schritt. Ab wann die Änderungen in Kraft treten, ist noch nicht bekannt.
tagesschau.de, reuters.com
"Wir müssen nur beschreiben, was passiert. Wenn man schlicht die Fakten auf den Tisch legt, könnte das schon ein Wendepunkt sein."
Vize-Chefredakteur Kirill Martynow ist sicher, dass die "Nowaja Gaseta" einen Beitrag zur russischen Antikriegsbewegung leistet und spricht im "Tagesspiegel" über gestiegene Abos und Klickzahlen und die Grenzen und Schlupflöcher der staatlichen Zensur.
tagesspiegel.de (Paid)
Zensur: Die russische Medienbehörde Roskomnadsor sperrt den Zugang zu mindestens 30 Internetseiten, darunter die der BBC und des Recherchekollektivs Bellingcat. Das sei "nur der Anfang von Vergeltungsmaßnahmen für den Informationskrieg, den der Westen gegen Russland entfesselt hat", erklärt die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, bei Telegram. Geblockt sind auch mehrere ukrainische Medien.
berliner-zeitung.de
Lese-Tipp: Unter den Beschäftigten des russischen Staatsfernsehens Channel One gibt es einige wie die protestierende Redakteurin Marina Ovsyannikova, die gegen den Krieg in der Ukraine sind, hört das russische Online-Medium Meduza aus Senderkreisen. Sie könnten aber nicht einfach gehen, weil sie Familien zu versorgen haben und fürchten, in der schrumpfenden, russischen Medienlandschaft keine anderen Jobs zu finden oder auf schwarzen Listen zu landen. Im Studio sähen die Medienschaffenden Berichte von AP oder Reuters, während sie in Programm die Erzählweise Moskaus verbreiten müssen, die völlig an der Realität vorbeigehe.
meduza.io, turi2.de (Background)
Pro Pressefreiheit: Der Europäische Gerichtshof urteilt, dass Journalistinnen Insider-Informationen zu börsennotierten Unternehmen offenbaren dürfen, wenn es für ihre Recherche erforderlich ist. Bisher konnten Recherchen zu Insider-Informationen, also Informationen, die den Börsenwert von Unternehmen beeinflussen können, Journalistinnen in eine schwierige rechtliche Lage bringen. Denn nicht nur, wer Aktien auf Basis solcher Informationen Aktien kauft, sondern auch, wer sie weitergibt, muss mit Geld- und Freiheitsstrafen rechnen. Auch der EuGH bestätigt, dass Insider-Handel vorliegen kann, wenn Journalistinnen bei der Recherche Informationen gegenüber Dritten offenlegen. Allerdings könne das in Rahmen der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt sein. Voraussetzung sei die Verhältnismäßigkeit.
Im aktuellen Fall geht es um einen Journalisten, der auf der Website der britischen Zeitung "Daily Mail" zwei Artikel veröffentlicht hat, in denen er Marktgerüchte über die Abgabe öffentlicher Kaufangebote für die Aktien zweier Unternehmen aufgreift – wodurch die Kurse dieser Aktien erheblich gestiegen sind. Davon haben einige britische Finanzanalystinnen profitiert, denen der Journalist die Informationen vor der Veröffentlichung mitgeteilt hatte und die sich daraufhin mit diesen Aktien eingedeckt hatten. Die französische Finanzmarktaufsichtsbehörde hat deswegen gegen den Journalisten eine Geldbuße in Höhe von 40.000 Euro verhängt. Nach dem EuGH-Urteil muss nun das Berufungsgericht prüfen, ob die Informationsweitergabe in diesem Fall notwendig und verhältnismäßig war.
"Die Tragweite des Urteils des EuGH lässt sich erst beurteilen, wenn die Urteilsgründe vorliegen", sagt Roman Portack, Geschäftsführer des Deutschen Presserates. Die Klarstellung, dass die journalistische Recherche zulässig ist, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist, sei aber überfällig gewesen.
handelsblatt.com (Paid)
Pressefreiheit: Der saudi-arabische Blogger Raif Badawi ist nach Ablauf seiner zehnjährigen Haftstrafe wieder auf freiem Fuß, gibt dessen Ehefrau Ensaf Haida der Nachrichtenagentur AFP bekannt. Saudi-Arabien hatte Badawi 2012 verhaftet und 2014 wegen "Beleidigung des Islams" zu zehn Jahren Haft und tausend Peitschenhieben verurteilt. Badawi hatte u.a. das harte Vorgehen der Religionspolizei kritisiert.
zeit.de
Demokratie-Leugner: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt stellt Deutschland in Interviews mit russischen Propaganda-Medien als Unrechtsstaat dar und lässt sich mitten im Ukraine-Krieg vor Putins Propaganda-Karren spannen, berichtet "Kontraste". In einem Interview mit dem russischen Radio Komsomolskaja Prawda behauptet der immerhin demokratisch gewählte AfDler, Deutschland sei undemokratisch und "regierende Eliten" würden andere Meinungen zur Not mit körperlicher Gewalt unterdrücken. Die AfD distanziert sich nur sehr halbherzig.
tagesschau.de, rbb-online.de (mit 5-Min-Video), turi2.de (Background)
Abschirmdienst: Der Bayerische Landtag hat fast unbemerkt einer Verschärfung des Bayerischen Mediengesetzes zugestimmt, berichtet Business Insider. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien kann dem Gesetz nach ihr Veto einlegen, wenn Gesellschafter bayerischer Medienunternehmen ihre Anteile auf mehr über 25 % hochschrauben wollen und damit nach Ansicht der Medienanstalt die Informationsvielfalt beeinträchtigen. Tatsächlich ist die Gesetzesänderung ein Eingreifen der Politik in den Machtkampf zwischen ProSiebenSat.1 und Berlusconi-Konzern Media for Europe, schreiben Philip Kaleta und Kayhan Özgenc.
Der Medienkonzern des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi plant eine feindliche Übernahme des deutschen Medienkonzerns aus Unterföhring. Berlusconi hält aktuell etwas weniger als 25 % an ProSiebenSat.1. Das neue Gesetz könnte ein Showdown in dem Machtpoker bei der P7S1-Vollversammlung im Mai verhindern.
businessinsider.de, bayern.landtag.de (Debatte im Landtag ab 3:15 Min), turi2.de (Background)
Video-Tipp: Das Medienmagazin Zapp zeigt, wie lebensgefährlich die Kriegsberichterstattung aus der Ukraine ist. Die ukrainische Journalistin Alla Koshlyak erreicht mit ihrer täglichen Berichterstattung für Radio NV die gesamte Ukraine, muss aber aus Sicherheitsgründen in der Redaktion übernachten. Um ihre Sicherheit fürchten auch unabhängige russische Journalistinnen, bei denen nach der Verschärfung des russischen Mediengesetzes "nackte Panik und Angst" herrsche.
ndr.de
"Wer das Licht der Information aussperren muss, der braucht offenbar Finsternis für das, was er tut. Berichterstattung zu verbieten, ist aus meiner Sicht ein Zeichen der Schwäche. Und ein Eingeständnis, das etwas geschieht, was nicht gesehen werden soll."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betont bei der Verabschiedung von ZDF-Intendant Thomas Bellut die Bedeutung der Pressefreiheit. Russlands Krieg gegen die Ukraine stütze sich "auf Lüge, Propaganda, absurde Geschichtsklitterung und eine eiskalte Zensurmaschine".
zdf.de (mit 20-Min-Video)
"Manchmal scheint es mir, als ob der Zweite Weltkrieg für Putin in Wahrheit nie zu Ende gegangen ist. Und dass er persönlich den Sieg erringen will."
Dmitrij Muratow, Mitgründer der kreml-kritischen Zeitung Nowaja Gaseta, sagt im "Süddeutsche"-Interview, dass niemand wisse, wie weit Putin bei seinem Angriffskrieg auf die Ukraine gehen werde.
sueddeutsche.de (Paid)
Lese-Tipp: Etwa 150 Medienschaffende haben Russland seit Kriegsbeginn verlassen. "Zeit Online" spricht mit drei geflüchteten Journalistinnen, die nicht wissen, wie es weitergeht. "Ich sehe, wie die Begabtesten, die Klügsten, die Fleißigsten heutzutage um jeden Preis versuchen, mein Heimatland zu verlassen, und das demoralisiert mich", erzählt etwa ein Ex-Mitarbeiter vom inzwischen abgeschalteten Radiosender Echo Moskaus.
zeit.de
Rückzug wider Willen: Auch die "FAZ" zieht sich aufgrund des neuen "Fake-News"-Gesetzes aus Russland zurück. Die Korrespondentinnen sollen Moskau "fürs Erste" verlassen, teilt Herausgeber Berthold Kohler mit. Die "FAZ"-Journalistinnen würden nun von einem sicheren Ort aus weiter "nach bestem Wissen und Gewissen" über Russland berichten.
Mit seinen Zensurgesetzen schaffe das Putin-Regime "die letzten Reste der Pressefreiheit in Russland" ab, kommentiert Kohler. Dem Kreml werde es aber nicht gelingen, die Wahrheit zu unterdrücken. Die Zensur-Maßnahmen würden vielmehr offenbaren, wie groß die Angst im Kreml vor der Wahrheit sei.
Seit 1956 hat die "FAZ" eigene Reporterinnen in Moskau. Kohler verweist darauf, dass die Kommunisten im Kreml ausländischen Journalistinnen selbst im Kalten Krieg keine Vorgaben gemacht hätten. Am Wochenende hatten bereits u.a. die BBC, ARD und ZDF sowie CNN ihre Reporterinnen aus Sicherheitsgründen aus dem Land abgezogen. Bis zu 15 Jahren Haft droht Russland denjenigen an, die vermeintliche Falschnachrichten verbreiten. Im Zusammenhang mit der Ukraine sind z.B. Begriffe wie "Angriff", "Invasion" oder "Kriegserklärung" verboten.
faz.net, turi2.de (Background)
(Foto: picture alliance / Silas Stein/dpa, Silas Stein)
Medien-Flucht: DJV-Chef Frank Überall fordert alle deutschen Medienschaffenden in Russland auf, das Land auf dem schnellstmöglichen Weg zu verlassen. Der Gewerkschafts-Chef begründet die Forderung in der "Augsburger Allgemeinen" mit dem neuen russischen Mediengesetz, dass eine freie Arbeit nicht mehr garantiere. Das Auswärtige Amt müsse den Journalistinnen "alle nur erdenkliche Hilfe zuteilwerden lassen".
tagesschau.de
"Wir müssen davon ausgehen, dass die Tage für unabhängige Medien in Russland im Grunde gezählt sind. Es ist eine Frage der Zeit."
Tamina Kutscher, Chefredakteurin der Plattform dekoder für unabhängigen Journalismus zu Russland, erklärt im "taz"-Interview, dass unabhängige russische Medien "keine kritische Masse" erreichen: Auch wenn sie jetzt mehr Leserinnen hätten, "ist das immer noch eine Minderheit".
taz.de
Reporter ohne Grenzen will gemeinsam mit der ukrainischen Partnerorganisation Institut für Masseninformation in Kürze ein Zentrum für Pressefreiheit in der westukrainischen Stadt Lwiw eröffnen. Dort sollen Berichterstattende u.a. Schutzkleidung ausleihen können sowie psychologische und finanzielle Hilfe erhalten. Zudem soll es einen Schutzraum für Journalistinnen geben, sollte es zu einem Angriff kommen.
rnd.de
ARD und ZDF setzen die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios vorläufig aus. Man prüfe derzeit "die Folgen des am Freitag verabschiedeten Gesetzes". Von ihren anderen Standorten aus wollen die Sender "weiterhin umfassend über das Geschehen in Russland und der Ukraine informieren". Der Deutschlandfunk teilt mit, dass sein Russland-Korrespondent zunächst aus dem Warschauer Studio weiter über den Ukraine-Krieg berichten werde. Zuletzt hatten bereits u.a. die BBC, Bloomberg und CNN ihre Journalistinnen aus Russland abgezogen.
Der DJV reagiert mit Bedauern und Verständnis auf die Entscheidung von ARD und ZDF. "Die Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen hat derzeit oberste Priorität", erklärt DJV-Chef Frank Überall. Es sei dramatisch, dass "die unabhängige Information aus der Russischen Föderation inzwischen nahezu unmöglich ist". Putin "tritt mit der Pressefreiheit so ein weiteres Menschenrecht mit Füße".
zeit.de, twitter.com, turi2.de (Background)
Video-Tipp: Ingo Zamperoni befragt Tikhon Dzyadko zum Ende des letzten unabhängigen TV-Senders in Russland. Der sichtlich desillusionierte Chefredakteur von Doschd TV erklärt aus dem Exil, warum sich der "optimistische Sender" nach Jahren der Repressionen ausgerechnet jetzt zum Aufhören gezwungen sieht. Dzyadko befürchtet das Ende des politischen Lebens und eine russische Diktatur, hofft aber irgendwann auf ein positives Ende.
tagesschau.de (ab 11:06), turi2.de (Background)
Einer der letzten unabhängigen TV-Sender Russlands gibt wegen staatlicher Repressionen auf. Der Chefredakteur von Doshd TV, @tikhondzyadko, hat eine düstere Prognose für sein Heimatland: "Es wird kein politisches Leben mehr geben." (red) pic.twitter.com/ZGPU2OMjLi
— tagesthemen (@tagesthemen) March 3, 2022
Starkes Sendungsbewusstsein: Der russische Propagandasender RT DE wehrt sich per Eilverfahren gegen ein Sendeverbot in Deutschland, bestätigt das Verwaltungsgericht Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Anfang Februar hatte die Zulassungs-Kommission der Medienanstalten ZAK die Verbreitung des Programms über alle Sendewege hinweg wegen fehlender Lizenzen verboten. Die EU hat mittlerweile ihrerseits Sanktionen verhängt, die die Verbreitung russischer Staatsmedien untersagen.
rnd.de, turi2.de (Background)
Rote Linie überschritten: Der bisher nicht als besonders dünnhäutig aufgefallene Virologe Christian Drosten verlangt vom "Cicero" und dem Physiker Roland Wiesendanger eine Unterlassung und wehrt sich erstmals juristisch gegen einen Professoren-Kollegen. Wiesendanger hatte Drosten Anfang Februar in einem "Cicero"-Interview eine Corona-Verschwörung vorgeworfen und behauptet, er habe die Öffentlichkeit über den Ursprung des Corona-Virus gezielt getäuscht und "die ganze Medienwelt, die ganze Politik in die Irre" geführt.
Drosten widerspricht dem Vorwurf vehement und versichert per eidesstattlicher Erklärung, dass ein menschgemachter Ursprung zum Corona-Ausbruch "aus mehreren wissenschaftlich-technischen Gründen unwahrscheinlich und in jedem Fall nicht belegbar" sei. Kern des Streits ist die Frage ob der Corona-Ausbruch eine Naturkatstrophe ist, auf einen Laborunfall zurückgeht oder sogar gezielt durch Menschen verbreitet wurde. Wiesendanger beruft sich bei seiner Kritik auf eine Telefonkonferenz mehrerer Virologen zu Beginn der Pandemie, bei der sich die Wissenschaftler, darunter auch Drosten, angeblich einheitlich auf eine Naturkatastrophe als Begründung für den Ausbruch verständigt hätten.
tagesschau.de, sueddeutsche.de
Sendeschluss: Der unabhängige, kremlkritische Radiosender Echo Moskaus wird eingestellt. Der Verwaltungsrat habe mehrheitlich entschieden, den Sender und die Website zu schließen, teilt Chefredakteur Alexej Wenediktow auf Telegram mit. Schon am Dienstag hatten die russischen Behörden die Übertragung beendet und den Zugang zur Website blockiert.
tagesschau.de, turi2.de (Background)
Flucht aus Moskau: Der Chefredakteur des unabhängigen, russischen Online-Senders Doschd, Tikhon Dzyadko, sowie weitere führende Redaktionsmitglieder haben Russland verlassen, teilt Dzyadko bei Telegram mit. Es sei "augenscheinlich, dass die persönliche Sicherheit von einigen von uns in Gefahr ist". Doschd-Chefin Natalia Sindejewa kündigt derweil an, der Sender werde weiter aus Moskau berichten und habe nicht vor, "aus irgendeinem anderen Land zu senden".
rnd.de, bild.de
Verhalltes Echo: Russland schaltet den unabhängigen, kremlkritischen Radiosender Echo Moskaus ab, auch der Zugang zur Website ist in Russland eingeschränkt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Sender u.a. die Verbreitung von Fake News zum Ukraine-Krieg vor. Auch der Online-Sender Doschd TV steht vor der Abschaltung
zeit.de, spiegel.de
Türkei: Der türkische Journalist Güngör Arslan, Chefredakteur einer lokalen Internet-Zeitung, ist am Samstag erschossen worden. In Arslans Büro im westtürkischen Stadt Izmit hatte ein Mann mehrere Kugeln auf ihn gefeuert. Ein Verdächtiger soll festgenommen worden sein. Reporter ohne Grenzen fordert eine schnelle Aufklärung seitens der türkischen Behörden, ob Arslan "wegen einer journalistischen Arbeit ermordet wurde". Einen Tag vor seinem Tod habe Arslan einen kritischen Artikel über die Regierungspartei AKP veröffentlicht.
merkur.de, twitter.com
Hör-Tipp: Journalistin Tamara Anthony, Leiterin des ARD-Studios Peking, beschreibt im Podcast "Holger ruft an" die Situation in der Olympia-Bubble. Sie selbst berichtet nicht über die Winterspiele, sondern um das "Drumherum" – während Olympia sei es aber noch schwieriger, etwa politische Themen zu covern. Chinesische Mitarbeiterinnen der Bubble "dürfen nichts sagen", mit anderen Bürgerinnen kämen Journalistinnen derzeit kaum in Kontakt.
uebermedien.de (19-Min-Podcast)