"Europa und Deutschland müssen nicht nur wirtschaftspolitisch, sondern auch medienpolitisch und was den Werbemarkt angeht, einen eigenen, unabhängigen, selbstbewussten Weg finden."
Frank Puscher, stellvertretender Chefredakteur von "Meedia", befürchtet, dass die "White-House-Connection" um Trump und Musk die Medienbranche nach ihren Wünschen umbaut – mit Konsequenzen für Werbe-Einnahmen und Responsible Media auch in Europa.
meedia.de
(Foto: Oberauer / Manuel Horn)
Gaza: Bei einem Luftangriff der israelischen Armee sollen fünf Journalisten ums Leben gekommen sein, berichtet Al Jazeera. Sie sollen für einen palästinensischen Sender gearbeitet haben. Laut Israel hat die Armee zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Zivilisten zu schützen. Weder die Angaben von Al Jazeera noch die Israels lassen sich unabhängig überprüfen.
taz.de
(Foto: Wolfgang Filser / SZ-Photo / picturedesk.com)
Mächtig viel Theater: Der Verleger der "Berliner Zeitung", Holger Friedrich, hat bei einem Bühnen-Gespräch am Donnerstagabend in einem Theater in Görlitz Kritik an der deutschen Medienlandschaft geübt. Beim Umgang der Medien mit dem Osten fehle ihm die "Ebenenkonformität". Seiner Meinung nach seien etwa die Journalisten der "Zeit im Osten" nicht frei in dem, was sie schreiben. Als Beispiel gilt ihm ein Interview, das schiefgegangen sei. Er nehme die "Zeit im Osten" als von einer Zentrale in Hamburg gesteuertes "kleines Kolonialwarengeschäft" wahr. In der Berichterstattung fehle zudem die "transformatorische Erfahrung", die Menschen im Osten durch die Wende gemacht hätten.
Kritik gibt es zudem am "Spiegel" und dessen Chefredakteur Dirk Kurbjuweit. Friedrich bedauert, dass der Journalist die Einladung zu dem Gespräch in Görlitz nicht angenommen hat. Im Streit mit dem Nachrichten-Magazin um den Text "Die Alternativmedienmacher" betone er, dass man dem "Spiegel" in einem Vergleich "mindestens einen Fehler" nachgewiesen habe. Dem Satiriker Jan Böhmermann wirft Friedrich vor, durch wirtschaftliche Verflechtungen mit dem ZDF "hochkorrumpiert" zu sein.
Gleichzeitig verteidigt Friedrich die Arbeit der "Berliner Zeitung", in der zuletzt immer wieder Historiker darüber diskutiert haben, ob man die DDR eine Diktatur nennen dürfe: "Wir sind die einzige Zeitung in Deutschland, die in der Hand von Ostdeutschen ist. Insofern dürfen wir bitte auch mal eine ostdeutsche Perspektive in einer deutschen Zeitung bringen." Zudem betont Friedrich die "Soft Power" westlicher Gesellschaften – die Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit – die es zu verteidigen gelte.
sueddeutsche.de (€), berliner-zeitung.de, youtu.be (ca. 2-Std-Video)
(Foto: IMAGO / pictureteam)
"Damals sind Journalisten auf die Straße gegangen, um zu demonstrieren. Das brauchen wir auch heute."
Medienforscher und Big-Tech-Kritiker Martin Andree plädiert für mehr Selbstbewusstsein in der Medienbranche und erinnert an die Demos im Rahmen der "Spiegel"-Affäre in den frühen Siebzigern. Seiner Ansicht nach haben die Tech-Konzerne freien und fairen Wettbewerb im Digitalen bereits "vollständig abgeschafft".
meedia.de
(Foto: turi2)
Hör-Tipp: Auch früher haben sich Politiker schon Medien entzogen, wenn ihnen Themen oder Journalisten nicht passten, sagt Andreas Cichowicz. Damit widerspricht der NDR-Chefredakteur im Podcast-Interview "Abendblatt"-Chefredakteur Lars Haider, der das als neues Phänomen in Social Media beobachtet, wo Politiker auf eigenen Kanälen keinen Widerspruch dulden müssen. Cichowicz und Haider sprechen anlässlich der "Woche der Pressefreiheit". Der NDR-Journalist berichtet von wachsenden Anfeindungen gegen seine Mitarbeitenden – vor allem im städtischen Milieu. Auf dem Land sei die Stimmung, wenn der NDR kommt, positiver.
abendblatt.de (47-Min-Podcast)
(Foto: NDR/Hendrik Lüders)
Die Guten ins Töpfchen? Vermarkter und Verlage widersprechen der Idee, dass Media-Agenturen Medien nach ihrem gesellschaftlichen Wert bewerten und auch danach Werbegeld verteilen, berichtet Roland Pimpl bei "Horizont". Zitieren lassen wollen sich nur wenige – darunter Spiegel-Gruppe und Springer. Beide bewerten Medien-Ratings als Eingriffe in die Pressefreiheit und sehen Media-Agenturen mit deren eigenen wirtschaftlichen Interessen als falsche Instanz zur Festlegung von Standards.
horizont.net (€)
Je suis Charlie: Der französische Dschihadist Peter Cherif muss lebenslang ins Gefängnis, urteilt ein Sondergericht in Paris. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Mann am Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" im Januar 2015 beteiligt war. Er habe die Haupttäter, zwei Brüder, auf den Anschlag vorbereitet. Bei dem Anschlag sind zwölf Menschen ums Leben gekommen, die Haupttäter wurden erschossen. Zudem war Cherif an der Entführung dreier Franzosen im Jahr 2011 im Jemen beteiligt.
tagesschau.de
(Foto: IMAGO / ANP)
Unsportlich? Das Landgericht Hamburg verbietet dem WDR per einstweiliger Verfügung die Darstellung, dass der russisch-usbekische Milliardär Alischer Usmanow für Bestechung und Manipulation von Schiedsrichtern im internationalen Fechtsport verantwortlich sein soll. Das teilt sein Medienrechtsanwalt mit. Der Sender hatte Anfang August in einer Reportage in der "Sportschau" und zwei Artikeln über Usmanow berichtet. Das Gericht sehe darin eine "unzulässige Verdachtsberichterstattung".
presseportal.de
Weniger lauschen: Die Regierung muss das BKA-Gesetz in Teilen nachbessern, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Demnach ist insbesondere die heimliche Überwachung von Kontaktpersonen von Verdächtigen als Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung nicht verhältnismäßig. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hatte gegen Teile des Gesetzes von 2017 Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Journalisten-Gewerkschaft DJV wertet die Entscheidung als "Sieg für die Pressefreiheit". Medienschaffende, die Recherchen in kriminellen Milieus durchführten, würden von dem Richterspruch profitieren, sagt DJV-Chef Mika Beuster. "Die bisherige Praxis läuft nach dem Motto 'mitgehangen, mitgefangen'. Karlsruhe hat unübersehbar das Stoppschild aufgestellt."
Die Regelungen des Gesetzes gelten allerdings vorerst weiter bis das Gesetz geändert ist. Bis spätestens Ende Juli 2025 müsse das geschehen.
tagesschau.de, djv.de, netzpolitik.org
(Foto: IMAGO / Eibner)
Zahlen, bitte: Das österreichische Boulevard-Portal "Exxpress" muss dem früheren Vize-Kanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine Entschädigung von rund 20.000 Euro zahlen. Grund ist ein Urteil wegen übler Nachrede und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Das Magazin hatte 2022 über die Scheidung Straches berichtet. Der rechte Politiker wehrt sich gegen die Berichte in mehreren Medien, darunter die Mediengruppe Österreich, wo 100.000 Euro fällig werden könnten, und der "Standard".
derstandard.at, exxpress.at (Urteil)
(Foto: EVA MANHART / APA / picturedesk.com)
Machtspiele: Im Verfahren um einen vermeintlich illegalen Link auf das verbotene Portal "Linksunten" ist der Freispruch für den beschuldigten Radio-Journalisten Fabian Kienert rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte nach der Gerichtsentscheidung im Juni zwar offiziell Revision eingelegt, eine Begründung bis zum Verstreichen der Frist allerdings nicht geliefert. Laut Netzpolitik.org ist dieses Verhalten ungewöhnlich. Revisionen würden entweder begründet oder zurückgezogen. Weiter anhängig ist eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Hausdurchsuchung bei dem Journalisten.
netzpolitik.org, turi2.de (Freispruch)
Luxus-Probleme: Luxus-Konzern LVMH, Mutter u.a. von Louis Vuitton und Dior, verbietet Angestellten anscheinend den Kontakt zu Medien. Das französische Investigativ-Magazin "La Lettre" veröffentlicht einen Brief, der Konzernchef Bernard Arnault zugeschrieben wird. Darin werde gedroht, dass Mitarbeitende, die sich Medien gegenüber äußern, ihre Jobs verlieren könnten. Der Brief beklagt die "oft negativ gefärbten, einseitigen Veröffentlichungen" insbesondere von "La Lettre", "Mediapart", "Le Canard Enchaîné" und weiteren kleineren Medien. Diesen Medien gegenüber gelte ein "absolutes Sprechverbot".
spiegel.de
(Foto: IMAGO / ABACAPRESS / Blondet Eliot)
"Es mag vielleicht hart klingen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Politiker zwar gern betonen, wie wichtig ihnen die Pressefreiheit und die lokale Berichterstattung sind. Tatsächlich ist es einigen aber mindestens gleichgültig, wenn Medien verschwinden."
Lars Haider, Chefredakteur des "Hamburger Abendblatt", sagt im Interview zur Themenwoche Zeitungen, dass es in Hamburg wichtige Politiker gebe, "die es eigentlich ganz komfortabel finden", dass es in der Hansestadt neben dem "Abendblatt" und dem NDR keine großen regionalen Medien mehr gibt.
turi2.de (Interview), turi2.de (alle Beiträge der Themenwoche)
Letzte Runde: Im Streit um die Abhörung des Pressetelefons der "Letzten Generation" legt der BJV für ein von der Maßnahme betroffenes Mitglied Verfassungsbeschwerde ein. Anfang der Woche hatte das Landgericht München I zwar festgestellt, dass es sich bei der Überwachung des Anschlusses um einen "tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit" handelte, die Überwachungsanordnung aber "als verhältnismäßig" eingestuft. Das wollen der BJV und sein Mitglied nicht hinnehmen. Nach einer Recherche des Gewerkschaftsblatts "BJVreport" waren 171 Medienschaffende von der Überwachung der Klimaaktivisten betroffen.
bjv.de, turi2.de (Background)
Der Staat hört mit: Das Landgericht München I weist die Beschwerde von zwei Journalisten gegen die Abhörung des Pressetelefons der Klimaschutz-Aktivisten-Gruppe Letzte Generation zurück. Das Gericht sehe in der Abhörmaßnahme zwar einen "tiefgreifenden Eingriff in die Pressefreiheit", stufe die Überwachungsanordnung aber "als verhältnismäßig" ein. Mehrere Medienschaffende waren gegen die Maßnahme vorgegangen, die die Generalstaatsanwaltschaft München ab Herbst 2022 verfügt hatte. Bereits im November 2023 hatte das Amtsgericht München in einem ersten Urteil gegen die Journalisten entschieden und argumentiert, das "Verfolgungsinteresse der Strafverfolgungsbehörden" überwiege im konkreten Fall das Grundrecht auf Pressefreiheit. Die Organisation Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte, die die Beschwerdeführer unterstützen, kündigen an, weitere rechtliche Schritte zu prüfen.
netzpolitik.org, reporter-ohne-grenzen.de, freiheitsrechte.org
(Symbolbild: IMAGO / Bihlmayer Fotografie)
Satz mit X? Ex-CNN-Moderator Don Lemon wehrt sich juristisch gegen die Kündigung eines Inhalte-Deals mit Elon Musk und X. Der Deal habe ein Volumen von mindestens 1,5 Mio Dollar gehabt. Musk hatte die Show, in der er zu Gast sein sollte, vor der ersten Ausstrahlung beendet. Offenbar haben ihm die Fragen nicht gefallen.
bbc.com, turi2.de (Background)
Endlich frei: Der in Russland wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilte Evan Gershkovich ist frei. Vor dem Gefangenen-Austausch zwischen dem Westen und Russland habe der "WSJ"-Reporter noch eine Interview-Anfrage an Putin hinterlassen. Auch fünf Deutsche Gefangene sind am Abend freigekommen.
t-online.de (Gershkovich), welt.de (deutsche Gefangene)
Lindemann vs. Spiegel: Rammstein-Frontmann Till Lindemann will Strafanzeige gegen den "Spiegel" stellen, kündigt die Kanzlei von Simon Bergmann und Christian Schertz im Namen von Lindemann an. Der Sänger wirft dem Nachrichten-Magazin demnach Urkundenfälschung und versuchten Prozessbetrug vor. Konkret geht es um zwei Eidesstattliche Versicherungen, die das Nachrichten-Magazin im Rahmen des Verfahrens vorgelegt hatte, in dem sich Lindemann gegen die im Magazin gegen ihn erhobenen Vorwürfe wehrt, er habe Frauen mit KO-Tropfen oder Drogen gefügig gemacht. Verschiedene Versionen der Dokumente seien auf Seiten der Vertretung des "Spiegel" durcheinander geraten. Die Aussagen einer als "Zoe" benannten Zeugin würden – je nach Version – stark voneinander abweichen. Schertz Bergmann werfen dem Magazin vor, dass die Eidesstattlichen Versicherungen nicht so abgegeben wurden, wie sie eingereicht wurden. Ein Vorgang, "der von den Strafverfolgungsbehörden aufgeklärt werden muss".
presseportal.de
"Mal schmückt man sich mit der Traute 'Bei uns darf Satire alles.' Wenn es aber was kosten könnte, demonstriert man eine moralisch rigide Haltung."
Friedrich Küppersbusch kommentiert in seinem "Wochenrückblick" den Rausschmiss von Sebastian Hotz beim RBB und erinnert daran, dass der Titel Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt von Danger Dan beim RBB 2021 noch "Bester Song des Jahres" war.
youtube.com (90-Sek-Ausschnitt)
Lese-Tipp: Die "taz" und die "Legal Tribune Online" zitieren aus der Begründung des BMI für ein Verbot des rechtsextremen "Compact"-Verlags. Während die "taz" überzeugt ist, dass es "kein Recht auf Umsturz" gibt und zahlreiche Beispiele für Rassismus und Antisemitismus zitiert, ist "LTO" etwas vorsichtiger. Das Medium stellt heraus, dass es keine eigenständige Prüfung zur Pressefreiheit und nur knappe Ausführungen zur Menschenrechtskonvention der EU gäbe.
taz.de, lto.de
Wer hat geplaudert? Das Bundesinnenministerium geht dem Verdacht nach, dass Informationen über das Verbot des rechtsextremen Magazins "Compact" bereits im Vorfeld an Medien weitergegeben wurden. Bei den Razzien im Haus des Herausgebers Jürgen Elsässer und auf dem Rittergut des früheren AfD-Vorsitzenden in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg (Foto), waren Pressefotografen anwesend. Medien wie die "Tagesschau" und der "Spiegel" hatten unmittelbar bei Bekanntgabe des Verbots um 6.45 Uhr am frühen Dienstagmorgen sehr ausführlich berichtet. "Uns ärgert das, wenn vorher Informationen durchdringen", sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch. Das Ministerium weist allerdings darauf hin, dass sehr viele Landes- und Polizeibehörden, sowie Verfassungsschutzämter an den Maßnahmen gegen den "Compact"-Verlag beteiligt gewesen seien.
faz.net
"Wer in einem demokratischen Land einen Umsturz anstrebt, kann sich nicht hinter der Pressefreiheit verstecken. Er muss selbst gestürzt werden."
"Spiegel"-Journalist Anton Rainer hat keine Bauchschmerzen mit einem Verbot des Magazins "Compact". Er meint, "Antisemiten haben kein Recht auf Pressefreiheit" und fragt sich, warum das Verbot erst jetzt kommt.
spiegel.de (€)
"Etwas unappetitlich zu finden, kann noch lange kein Grund sein, ein so elementares Recht wie die Pressefreiheit beiseite zu schieben."
Deniz Yücel kritisiert bei Welt TV das Verbot des rechtsradikalen Magazins "Compact". Auch, weil es gegen das Blatt bisher keine Urteile wegen Volksverhetzung gebe.
welt.de (mit 6-Min-Video)
Hebel gegen die Pressefreiheit? Das Verbot des rechtsradikalen "Compact"-Magazins mithilfe des Vereinsrechts sorgt für Kritik von Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler und Bundestags-Vize Wolfgang Kubicki, meldet "The Pioneer". Boehme-Neßler nennt das Verbot einen "bösen Trick", mit dem Innenministerin Nancy Faeser die Pressefreiheit aushebele. Er glaubt, dass das Verbot einer Prüfung vor dem Verfassungsgericht nicht standhalten würde. Redaktionen dürften nicht wie Vereine behandelt werden. Wenn ein Verbot scheitere, sei ein "Rücktritt" Faesers für Kubicki "unvermeidlich". Beide distanzieren sich inhaltlich von "Compact" als "übel", bzw. "abscheulich".
thepoioneer.com (€), x.com, turi2.de (Background)
Zu den Akten: Die hessische Justiz hat die Ermittlungen im Fall der 2022 geleakten NSU-Akten bereits vor einem Jahr eingestellt, ergibt eine Anfrage von "Frag den Staat". Die Informationsfreiheitsplattform und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann hatte die als geheim eingestuften Dokumente veröffentlicht. Sie hatten ein zweifelhaftes Bild des hessischen Verfassungsschutzes gezeichnet und der Behörde bescheinigt, die eigenen Daten nicht gekannt zu haben und Hinweisen nicht nachgegangen zu sein. Kurz nach der Veröffentlichung hatte der Verfassungsschutz Strafanzeige gestellt. Die Ermittlungen seien im Juni 2023 eingestellt worden, Tatverdächtige konnten nicht ermittelt werden.
tagesschau.de, turi2.de (Background)
Lese-Tipp: Die Freilassung von Julian Assange und die Einstellung des Verfahrens gegen den Wikileaks-Gründer hat einen hohen Preis für die Pressefreiheit, glaubt Trevor Timm. Zwar könne sich die US-Justiz nicht auf einen Präzedenzfall berufen, Staatsanwälte könnten sich durch den Deal missliebigen Medien gegenüber aber ermutigt fühlen. Ein Lob für die Einstellung des Verfahrens, habe die Biden-Regierung nicht verdient, sie hätte das Verfahren schon vor drei Jahren einstellen können – ohne Schuldeingeständnis.
theguardian.com
Pressefreiheit im Krieg: Das internationale "Gaza Project" zweifelt an der Darstellung der israelischen Armee, wonach Medienschaffende nicht gezielt angegriffen werden. Paper Trail Media von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier veröffentlicht gemeinsam mit "Spiegel", ZDF, "Standard" und "Tages-Anzeiger" eine aufwändige Recherche, die nahelegt, dass zahlreiche Journalisten angegriffen oder getötet worden seien, obwohl sie als Medienschaffende klar gekennzeichnet gewesen seien. In etlichen Fällen sage die Armee, dass es sich bei getöteten Journalisten in Wahrheit um Terroristen gehandelt habe. Für die Recherche haben 50 Medienschaffende zusammengearbeitet, darunter auch arabische und israelische Medien. Sie haben mit Soldaten, Reservisten, Deserteuren und Aktivisten gesprochen. Das israelische Militär streitet die gezielte Tötung von Journalisten ab, schließt aber nicht aus, dass Medienschaffende "bei Luftangriffen oder operativen Maßnahmen gegen militärische Ziele zu Schaden gekommen" sein könnten.
papertrailmedia.de, spiegel.de (€), zdf.de, derstandard.shorthandstories.com, tagesanzeiger.ch (€)
Foto: picture alliance / Anadolu
Lese-Tipp: Immer mehr Journalisten werden mit Klagen von Politikern, Promis und Unternehmen überzogen, berichtet Sonja Peteranderl auf journalist.de. Die Strategie der Kläger bestehe darin, Reporter finanziell und psychisch ausbluten zu lassen und dadurch mundtot zu machen. Verschiedene Organisationen versuchen mittlerweile, betroffene Medienschaffende zu unterstützen.
journalist.de
Gefahr von Rechts: Ein Team der ARD-Sendung "Report Mainz" ist von Rechtsextremen während einer Recherche zu Burschenschaften und deren Verbindungen zur AfD bedroht worden, berichtet "T-Online". Demnach wollte das Team einen bekannten rechten Rechtsanwalt an einem Burschenschaftshaus in Bonn treffen. Seine vermummten Begleiter versuchten, das Team einzuschüchtern, filmten die Gesichter der Journalisten, ihr Autokennzeichen und drohten auch verbal. Laut DJV ist es der dritte Übergriff auf Medienschaffende in NRW innerhalb einer Woche.
t-online.de, ardmediathek.de (29-Min-Doku)
Mehr Schein als Sein: Deutschland steigt im neuen Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen zwar von Platz 21 auf Platz 10, eine maßgebliche Verbesserung für Medienschaffende sieht die Organisation aber nicht. Die Zahl der verifizierten Angriffe auf Journalisten ist von 103 auf 41 gesunken, es sei aber von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Laut ROG sind vor allem Demonstrationen von extremen Rechten und Verschwörungsgläubigen für Medienschaffende gefährlich. Auf Platz 1 des Ranking steht zum achten Mal in Folge Norwegen. Die afrikanische Diktatur Eritrea ist Schlusslicht auf Platz 180.
tagesschau.de
Gefährlicher Job: Übergriffe auf Umweltjournalisten haben seit 2009 massiv zugenommen, sagt eine Studie von Unesco und IFJ. Die Untersuchung zählt 749 Übergriffe und 44 Morde. Von 2009 bis 2013 zählen sie 45 Taten, zwischen 2014 und 2018 ist von 61 die Rede, in den vergangenen fünf Jahren von 111 Vorfällen.
theguardian.com
Saarbrücker Zeitung: Ein Interview mit Palästinensern über die Situation in Gaza für zu Streit zwischen den Gesellschaftern. Die CDU-nahe Union-Stiftung wirft der Redaktion Förderung "antisemitischer Ressentiments" vor, die Liberale Stiftung Saar und die Demokratische Gesellschaft Saar stellen sich hinter die Redaktion und sprechen von einem "Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit".
saarbruecker-zeitung.de
Presse-Unfreiheit: Russland nimmt die zwei Journalisten Konstantin Gabow und Sergej Karelin wegen Verdacht auf Extremismus fest. Gabow war gelegentlich für Reuters tätig, Karelin arbeitete auch für Associated Press. Beide sollen zudem Veröffentlichung für den Youtube-Kanal des verstorbenen Putin-Kritikers Alexej Nawalny geliefert haben.
tagesschau.de
Zahl des Tages: Stolze 100.000 Euro macht der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) für das Grimme-Institut locker. Die Summe, die der DVV für das Jahr 2025 bereitstellen wird, soll die "strategische Neuausrichtung" der gemeinnützigen Einrichtung unterstützen. Ziel sei es, "die Rolle des Instituts als Garant für die Qualität von Medienproduktionen nachhaltig zu sichern."
presseportal.de, turi2.de (Background)
RAIvolution: Der italienische Rundfunk RAI plant im Mai einen 24-stündigen Streik, um gegen politische Einflussnahme zu protestieren. Die Gewerkschaft Usigrai wirft der Regierung der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vor, die RAI in ein Sprachrohr der Regierung verwandeln zu wollen. Ein abgesagter Talkshowauftritt des regierungskritischen Schriftstellers Antonio Scurati brachte das Fass wohl zum Überlaufen.
spiegel.de
Lese-Tipp: Der nordrhein-westfälische Philologenverband macht sich für eine "Beratung" für Abi-Zeitungen stark, um Absolventen zu erklären, "was im Rahmen einer Schülerzeitung erlaubt sei und was nicht". Grund seien u.a. Schmähungen in dort abgedruckten Artikeln über Lehrkräfte. Medienrechtler sehen die mögliche Regulierung skeptisch: Auch Abi-Zeitungen unterlägen dem Presserecht und gelten als vom Grundgesetz besonders geschützt.
faz.net
Endstand? Satiriker Jan Böhmermann setzt sich auch in zweiter Instanz gegen Roger Wittmann und dessen Firma durch, berichtet der "Spiegel". Der Spielerberater war gegen Aussagen in einer Sendung vom November 2022 vorgegangen. Das Gericht lehnt eine Unterlassung in allen fünf bemängelten Passagen ab. Der Unternehmer kann noch Rechtsmittel einlegen.
spiegel.de
Justitia auf Abwegen? Die Redaktion der "Fränkischen Nachrichten" wehrt sich gegen eine Einstweilige Verfügung gegen die Berichterstattung über einen Missbrauchsprozess gegen einen Physiotherapeuten. Die Anwältin des Angeklagten hatte dem Blatt "identifizierende Verdachtsberichterstattung" vorgeworfen und die EV beantragt. Fabian Greulich, Chefredakteur der "Fränkischen Nachrichten", beklagt, dass die Redaktion vor der Entscheidung nicht angehört wurde. Am 24. April soll entschieden werden, ob die Verfügung bestand hat.
mannheimer-morgen.de
Selbstzensur wird zum Problem im Lokaljournalismus, sagt die Studie "Feindbild Journalist:in 8" des Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit. Die Zahl der Angriffe sei 2023 zwar auf 7 physische und 8 nicht-physische Angriffe gesunken – nach 12 physischen Angriffen 2022. Die Studie berichtet aber von lokalen Medienschaffenden, die aus Angst um ihre Sicherheit "bestimmte Akteur:innen und Bewegungen" nicht mehr thematisieren würden.
ecpmf.eu (Zusammenfassung), ecpmf.eu (Studie, 144-Seiten-PDF)
Rothfunk: Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat zur Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegen die "Feinde der Demokratie" aufgerufen. Die Grünen-Politikerin forderte am Donnerstag bei einer Veranstaltung zum "öffentlich-rechtlichen Rundfunk von morgen" in Berlin alle Parteien dazu auf, Versuche zur Diskreditierung und Delegitemierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abzuwehren. Für die eigene Glaubwürdigkeit sei es unerlässlich, sich zu Fehlern zu bekennen, konstruktiv mit ihnen umzugehen und entwicklungsoffen zu bleiben, so Roth. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse sich strukturell und mit Blick auf seinen Auftrag offensiv aufstellen, um "Orientierung und Bindewirkung" in Zeiten von Falschinformationen und Delegitimierungs-Kampganen zu bieten.
kna.de (€)
Zahl des Tages: Mindestens 112 Medienschaffende sind seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und im darauf folgenden Krieg im Gazastreifen gestorben. Alleine 105 von ihnen seien direkt im Gazastreifen zu Tode gekommen, berichtet Reporter ohne Grenzen. Drei weitere Journalisten starben während israelischer Luftangriffe auf den Libanon, vier israelische Reporter verloren ihr Leben beim Attentat am 7. Oktober.
derstandard.at
Lese-Tipp: Die "Correctiv"-Chefredakteure Anette Dowideit und Justus von Daniels erzählen im Interview mit dem Medienmagazin "journalist", dass sie von der zivilgesellschaftlichen Welle und den Auswirkungen nach der Geheimtreffen-Veröffentlichung völlig überrascht waren. Vor allem die unmittelbaren Folgen für Correctiv, der Hass und den erbitterten Kampf um die Deutungshoheit hatten beide nicht erwartet. Von Daniels sieht einen neuen Trend, "Gerichtsverfahren als PR-Mittel zu nutzen, um in der Öffentlichkeit Zweifel zu säen, egal wie das Verfahren ausgeht."
journalist.de
Rechtens: Das Oberlandesgericht Hamburg weist Beschwerden von Staatsrechtler Ulrich Vosgerau und Unternehmer Klaus Nordmann zur "Correctiv"-Recherche über das Geheimtreffen rechter Politiker in zweiter Instanz vollumfänglich ab. Correctiv hatte in erster Instanz bereits in zwei von drei Fällen gegen einen Unterlassungsantrag von Vosgerau gewonnen. Die Beschwerden von Nordmann, der Spenden an Rechtsextreme nicht in Zusammenhang mit dem Potsdamer Geheimtreffen sehen wollte, wurden zuvor ebenfalls abgewiesen.
spiegel.de, turi2.de (Background)
Anfragen-Dämmerung: Anonyme Anfragen über die Transparenz-Plattform Frag den Staat sind unzulässig, urteilt das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag des Bundesinnenministeriums. Die Behörde hatte eine dort verarbeitete Anfrage nur postalisch nach Herausgabe der Adresse des Fragestellers beantworten wollen, der Bundesbeauftragte für Datenschutz sprach eine Verwarnung aus. Dem widerspricht das Bundesverwaltungsgericht nun. Frag den Staat kritisiert das Urteil.
netzpolitik.org
Video-Tipp: Medienmagazin “Zapp” untersucht den Kampf um die Deutungshoheit zur Correctiv-Recherche.
Video-Tipp: Das Medienmagazin "Zapp" untersucht den Kampf um die Deutungshoheit zur "Geheimplan"-Recherche von Correctiv. CDU-Mann Ulrich Vosgerau wirft Correctiv im Interview vor, der Bericht beruhe nicht auf Tatsachen, sondern ausschließlich aus Meinungsäußerungen. Felix Zimmerman, Chefredakteur des juristischen Online-Magazins Legal Online Tribune, kritisiert Correctiv für die starken Wertungen im Text. Vor allem der Begriff Deportationen, der von Medien und Bürgerinnen aufgegriffen wurde, im Originaltext aber gar nicht vorkommt, bietet Zündstoff.
youtube.com (11-min-Video)
Satz mit X: X-Besitzer Elon Musk streicht die zuvor vollmundig angekündigte Talkshow von Don Lemon (Foto) schon vor der ersten Sendung. Bei der Premieren-Aufzeichnung war Musk selbst zu Gast, mit den Fragen des Ex-CNN-Moderators aber unzufrieden. Er fand die Show "nicht authentisch". Lemon kündigt die Ausstrahlung bei YouTube an.
spiegel.de, twitter.com (Musk), twitter.com (Lemon)
Du kommst hier nicht rein: Der BR wirft der AfD Bayern einen massiven Eingriff in die Pressefreiheit vor. Zuvor hatte die rechte Partei einem AfD-Experten des Senders Hausverbot für alle ihre Veranstaltungen erteilt. Die Fraktionsvorsitzende der AfD Bayern, Katrin Ebner-Steiner, wirft dem Journalisten vor, sie beleidigt zu haben. Der Beschuldigte widerspricht. Thomas Hinrichs, Informationsdirektor des BR, nennt die "rufschädigenden Vorwürfe" "gegenstandslos".
br.de
Schreibblockade: Russische Behörden haben Sergej Sokolow, Chefredakteur der kremlkritischen "Nowaja Gaseta", wegen angeblicher Verunglimpfung der Armee in Moskau festgenommen. Ein Gericht verurteilte den Journalisten zu einer Geldstrafe von 300 Euro. Grund sind Posts auf dem Telegram-Kanal der Zeitung, die angeblich "Anzeichen einer verbalen Diskreditierung der Handlungen" der Armee aufweisen würden.
Sokolow hatte die Chefredaktion 2023 vom Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow übernommen, den die russischen Regierung als ausländischen Agenten einstuft. Muratow war daraufhin von seinem Posten zurückgetreten. Die "Nowaja Gaseta" ist in Russland mittlerweile verboten und wird von ins Ausland geflohenen Redakteuren betrieben. (Foto: picture alliance / Russian Look | Komsomolskaya Pravda)
tagesschau.de, deutschlandfunk.de, turi2.de (Background)
Pressefreiheit: Die dju verurteilt den Versuch der AfD, mit einem Antrag im Brandenburger Landtag die rbb-Berichterstattung über ein Geheimtreffen von Rechten in Potsdam zu unterbinden. In dem mit großer Mehrheit abgelehnten Antrag fordert die AfD-Fraktion, die Rechtsaufsicht müsse "gegen die wahrheitswidrige Berichterstattung des rbb tätig werden". Die dju-Landesvorsitzende Renate Gensch sieht darin einen massiven Angriff auf die Presse- und Rundfunkfreiheit. Das Recherchenetzwerk Correctiv hatte im Januar Details zu einem Treffen einflussreicher AfD-Köpfe mit Geldgebern und Neonazis im November mit dem Ziel der "Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland" aufgedeckt und damit u.a. bundesweit Demonstrationen gegen Rechts ausgelöst.
verdi.de, turi2.de (Background)
Unter Verschluss: Die niederländische Regierung muss RTL Nederland keine sicherheitsbezogenen Infos zu Flug MH17 offenlegen, entscheidet der Europäische Gerichtshof. Hintergrund ist eine Klage des Medienunternehmens auf Herausgabe von Details zum 2014 von prorussischen Separatisten über der Ukraine abgeschossenen Flugzeug mit überwiegend niederländischen Passagieren. Zwar beeinträchtige die Geheimhaltung die Informationsfreiheit, doch die Vertraulichkeit der Daten über Flugsunfälle sei zentral für die Flugsicherung, so die Argumentation der Richter.
medien.epd.de (€), zeit.de