Bye bye, Partei: Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck kandidieren beim Parteitag der Grünen nicht erneut für den Parteirat, berichtet Zeit Online. Damit legen sie zwei Jahre nach dem Rückzug von der Parteispitze ihre letzten Parteiämter ab. Das Gremium berät den Bundesvorstand und koordiniert die Arbeit zwischen Bundespartei, Fraktionen und Landesverbänden.
zeit.de
Bremer Funkspekulanten: Der Bremer Landesrechnungshof sorgt sich in einem Sonderbericht um die finanzielle Lage von Radio Bremen. Zwar erzielte die kleinste ARD-Anstalt 2021 und 2022 Überschüsse, jedoch nur aufgrund von Sonder- und Einmaleffekten. Kritisch sehen die Prüfer insbesondere die Lücke von 50 Mio Euro, die zwischen Rückstellungen für die Altersversorgung und künftigen Rentenansprüchen klafft. Der Rechnungshof empfiehlt Radio Bremen daher, "zumindest Zinserträge dauerhaft dem Deckungsstock zuzuführen", statt sie wie bisher in den Betriebshaushalt fließen zu lassen. Radio Bremen müsse sich "zunächst an die eigene Nase fassen und weitere Sparanstrengungen unternehmen", fordert Rechnungshof-Präsidentin Bettina Sokol. Dazu gehöre auch, Töchtern wie der Produktionsfirma Bremedia nur dann finanzielle Leistungen zukommen zu lassen, wenn sie "rechtlich zulässig und betriebswirtschaftlich notwendig sind". Zudem appelliert Sokol an die Politik, den Rundfunkstaatsvertrag so zu ändern, dass kleine, finanzschwache Anstalten nicht durch Überschüsse anderer Anstalten benachteiligt würden. Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags würde für Radio Bremen nicht "den großen Wurf" bringen, glaubt Sokol, da es im Land Bremen nur eine "verhältnismäßig geringe Anzahl von beitragspflichtigen" Menschen gebe.
kreiszeitung.de, t-online.de, butenunbinnen.de, rechnungshof.bremen.de
Foto: Sarah Knorr / dpa / Picture Alliance
Ab in den Bus, Mann: Bundesjustizminister Marco Buschmann will das Fahren ohne Fahrschein entkriminalisieren, sagt er im "Zeit"-Interview. So gebe es weiter Sanktionen, aber in einem "weniger personalintensiven Verfahren". Wenn Buschmann mit der Sache durchkommt, verewigt er seine Partei womöglich für immer im Vokabular der Deutschen: Leute fahren dann nicht mehr schwarz, sondern gelb.
"Zeit" 49/2023, S. 6 (€)
Glaubensfrage: RTL kündigt eine Doku von und mit Karl-Theodor zu Guttenberg über die "Macht der Kirche" in Deutschland an. Der 90-Minüter, produziert von I&U und Open Minds Media, will u.a. klären, warum die Zahl der Kirchen-Austritte auf Rekordniveau gestiegen ist. "KT Guttenberg – Um Gottes willen?" läuft ab 6. Dezember bei RTL+, linear am 26. Dezember um 15:10 Uhr bei ntv. 2022 hatte der Ex-Bundesminister eine Doku über Putin veröffentlicht.
media.rtl.com
"Ich halte dieses Vorgehen für unverantwortlich."
Außenministerin Annalena Baerbock spricht im Interview mit der "Zeit" über den Pro-Palästina-Kurs der Aktivistin Greta Thunberg. Die Schwedin legitimiere mit ihrem Verhalten den Terror der Hamas und füge der Klimabewegung "maximalen Schaden" zu.
"Zeit" 46/2023, S. 4 (€)
Schöne Summe? Das Innenministerium von Nancy Faeser hat "Bild" zufolge im Januar 2023 eine "Stillschweigensvereinbarung" mit dem geschassten BSI-Chef Arne Schönbohm getroffen, bei der Geld geflossen sein soll. Zur Summe und den Inhalten des Kontrakts sei nichts bekannt. Eine Faeser-Sprecherin und Schönbohm äußern sich auf "Bild"-Anfrage nicht.
bild.de (€)
Lese-Tipp: Auf Social Media hat sich die Kommunikationsstrategie der Hamas "rasend schnell verselbstständigt", schreiben Christoph Koopmann und Sina-Maria Schweikle in der "Süddeutschen Zeitung". "Die krassesten Bilder aus Gaza" bekämen dank des Algorithmus "die größte Reichweite, weil Emotionen die Währung sind". Dass der 7. Oktober nur ein Einzeltag ist, der folgende Krieg aber täglich neue Inhalte generiert, bestrafe die Social-Media-Mechanik zynischerweise ebenfalls.
sueddeutsche.de (€)
Schießt zurück: Twitter-Nachfolger X von Elon Musk verklagt die Organisation Media Matters for America. Sie hatte berichtet, dass Anzeigen auf der Plattform neben extremistischen Inhalten auftauchen – laut Musk eine Manipulation. Kunden wie Apple und IBM hatten sich infolge dessen kürzlich von der Plattform verabschiedet.
spiegel.de, turi2.de (Background)
Beam me up, Södi: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder zeigt sich beim Pressetermin mit der Raumfahrzeug-Firma The Exploration Company mit Kaffeetasse in der Hand. Das Trinkgefäß mit dem bayerischen Weltraum-Slogan "Bavaria One" soll an Bord sein, wenn die Raumkapsel Nyx 2024 in Richtung All startet. Manch einer im Freistaat hofft nun vermutlich, dass das Unternehmen den Landesvater gleich mit auf den Mond schießt.
t-online.de, seuddeutsche.de
Autonome Intelligenz: Deutschland, Frankreich und Italien lehnen in einem gemeinsamen Papier das vom EU-Parlament geplante KI-Gesetz AI Act ab, das Auflagen für KI-Modelle wie ChatGPT vorsieht. Statt "unerprobter Gesetze" schlagen die drei Staaten "eine verpflichtende Selbstregulierung durch einen Verhaltenskodex" vor. Generativer KI solle eine Art Beipackzettel beiliegen. Strafen für Verstöße sieht das Papier nicht vor.
faz.net (€), turi2.de (Background)
Hurra, die Grünphase ist da: Im Münchener Stadtteil Lehel wird es so bald keine Pumuckl-Ampel geben, auch wenn hier in den 80ern die TV-Filme gedreht wurden. Das Mobilitätsreferat lehnt die "charmante" Idee des Bezirksausschusses mit Blick auf die bayerische Verwaltungspraxis ab. Klar, ein Pumuckl-Ampelmännchen stellt auch ein Sicherheitsrisiko dar. Immerhin kann sich der Kobold auf Knopfdruck unsichtbar machen.
sueddeutsche.de
Abgege-Pen: Schriftstellerin Regula Venske tritt als Generalsekretärin des Autorenverbandes Pen International zurück. Grund sind Stellungnahmen zum Nahostkonflikt, die ihr vor Erscheinen nicht vorgelegt worden sein sollen. Explizit bemängelt sie u.a. fehlende Empathie für israelische Opfer des Terror-Angriffs der Hamas. Venske war bis 2021 Präsidentin des deutschen Pen-Zentrums.
pen-deutschland.de, boersenblatt.net
Loch im Geldbeutel? Die Bundesnetzagentur hat schon im September erstmals ein Bußgeldverfahren gegen Deutschlands Handynetzbetreiber wegen Funklöchern eröffnet, meldet dpa. Derzeit könnten sich Telekom, Telefónica und Vodafone zu den Vorwürfen äußern, eine Entscheidung solle kommendes Jahr fallen.
faz.net
Kreml-Connection: Der kreml-nahe, russische Konzern Gazprom soll der ARD 2004/05 eine Art Homestory mit Wladimir Putin und dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (Foto) angeboten haben, erzählt der langjährige Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies der "Bild". Gazprom und der Kreml hätten aber die Kontrolle über den Film haben wollen, das WDR-Studio Moskau habe abgelehnt. Nur wenige Jahre später produzierte der Putin-nahe Journalist Hubert Seipel eine Gazprom-Doku für den NDR, in der auch Schröder zu Wort kam, der mittlerweile für Gazprom tätig war.
bild.de, turi2.de (Background)
Pressefreiheit: Der Angriff auf einen Reporter der "Ostthüringer Zeitung" am Rande einer AfD-Veranstaltung ruft Empörung hervor. Der DJV Thüringen kritisiert vor allem, dass die AfD sich nicht deutlich genug entschuldigt und von dem Vorfall distanziert. Die Gewalt gegen Medienschaffende nehme generell zu, die Übergriffe fänden "immer häufiger im Umfeld der AfD statt". Der Thüringer AfD-Co-Vorsitzende Stefan Möller hatte bei X geschrieben, es sei "eine bösartige Instrumentalisierung einer Straftat, der AfD zu unterstellen, sie würde solche Angriffe auf Journalisten schüren". Die Tat bezeichnet er als "verabscheuenswert und völlig inakzeptabel". Der dpa sagt Möller, man könne "in eine politisch-kritische Haltung gegenüber einer Presse- oder Rundfunkinstitution" nicht automatisch einen Gewaltaufruf hineininterpretieren. Funke-Geschäftsführer Christoph Rüth verurteilt den Angriff "aufs Schärfste". Man wisse, "dass die AfD diese Angriffe bewusst schürt und versucht, Angst zu verbreiten". Der Fall ist vor allem deshalb brisant, weil die Thüringer AfD vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft worden ist und unter Beobachtung steht.
Der "OTZ"-Journalist war laut Funke am Donnerstagabend beim Verlassen des Veranstaltungssaals beschimpft und geschlagen worden, auch seine Kopfbedeckung ist ihm abgezogen worden. Zudem wurden die Autoreifen des Journalisten zerstochen. Die Kripo hat Ermittlungen eingeleitet und sucht nach Zeuginnen. Im August 2022 war derselbe "OTZ"-Reporter vom damaligen Bürgermeister von Bad Lobenstein, Thomas Weigelt, angegriffen worden.
otz.de, djv-thueringen.de, twitter.com, deutschlandfunk.de
"So zu tun, als wäre die einzige Sparmöglichkeit eine Reduzierung des Auftrags, halte ich für irreführend."
Brandenburgs Medienstaatssekretär Benjamin Grimm spricht sich in der "Süddeutschen" gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent aus. Es gebe "tausend Möglichkeiten, wie man im System des öffentlichen Rundfunks Geld einsparen" könne: "Das fängt mit einer gemeinsamen Mediathek von ARD und ZDF an, geht über Gemeinschaftseinrichtungen und Gehälter bis hin zu den Immobilien."
sueddeutsche.de (€)
Hör-Tipp: Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst startet den Podcast "Wintergerst trifft" und empfängt zu Beginn Wirtschaftsminister Robert Habeck zu einem betont harmonischen Austausch. Habeck erzählt, dass er bei Social-Media-Ansprachen stets versucht, "so zu reden, wie man mit fünf, sechs Leuten redet, die einem gegenüber sitzen".
open.spotify.com (15-Min-Audio)
Fridays Forever? Luisa Neubauer will trotz Antisemitismus-Kontroversen um die Klimabewegung und Initiatorin Greta Thunberg am Namen Fridays For Future festhalten. Eine Änderung wäre bloß "Symbolpolitik", sagt die Aktivistin im "Spiegel"-Interview. Neubauer sieht eine "mediale Verbundenheit mit Greta, die überhaupt nicht repräsentativ ist für die eigentliche Arbeit der Bewegung". Man sei in Deutschland "so breit organisiert" wie kein anderer Landesverband.
spiegel.de
Zurück in die Zukunft: Ende Juni 2024 schafft der Bundestag endgültig alle Fax-Geräte in seinen Gebäuden ab. Bis dahin sollen alle Arbeitsprozesse digitalisiert werden. Bizarr: Laut "Bild" wurde der Antrag per Fax eingereicht. Der Beschluss wird wohl auch in Zukunft nicht verhindern können, dass Abgeordnete im Bundestag Faxen machen.
bild.de
Nicht willkommen: Der NDR-Personalrat protestiert gegen einen für Freitagnachmittag geplanten Besuch der Hamburger AfD-Fraktion und der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung im Landesfunkhaus Hamburg und fordert die Ausladung. Unterstützung kommt von den Gewerkschaften DJV, Verdi und VRFF, die zu einer Kundgebung "gegen die Feinde der Pressefreiheit" aufrufen. Auch das Hamburger Bündnis gegen Rechts will protestieren. Der Leiter des Landesfunkhauses Hamburg argumentiert: "Wenn wir ein NDR für alle sein wollen, dann müssen wir auch mit denen sprechen, die uns ablehnen und sehr kritisch sehen."
taz.de, ndr.verdi.de, hbgr.org
"Bei Medienanfragen haben ich und andere Gemeindemitglieder manchmal den Eindruck, Journalisten würden nun nach dem verängstigten, eingeschüchterten Juden suchen, der zu Hause bleibt und seine Koffer packt."
Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der "Jüdischen Allgemeinen", kritisiert im "FAZ"-Interview die voreingenommene Sichtweise mancher deutscher Medien. Er beobachte bei jüdischen Menschen in Deutschland zunehmend die Einstellung: "Wir lassen uns nicht unterkriegen, wir lassen uns nicht einschüchtern."
faz.net (€)
Rudert nicht zurück: Die Medienpolitikerin Heike Raab verteidigt im Medienausschuss von Rheinland-Pfalz ihre umstrittene Kritik am SWR. "Inhaltlich stehe ich auch heute zu alldem, was ich vorgetragen habe", sie habe vom "Jedermannrecht" Gebrauch gemacht. Die CDU hatte den Rücktritt Raabs gefordert. In einem Schreiben an den SWR hatte Raab Landes-SPD-Chef Roger Lewentz gegen Vorwürfe eines SWR-Redakteurs verteidigt und damit gedroht, das Thema vor den Programmausschuss zu bringen.
faz.net (€), epd.de (€)
Zwangseinladung: Die AfD Thüringen muss dem WDR-Magazin "Monitor" Zutritt zu ihrem Landesparteitag gewähren. Das Landgericht Erfurt erlässt auf WDR-Antrag eine einstweilige Verfügung gegen die Partei, die "Monitor" ausschließen wollte, weil ihr die Berichterstattung des Magazins nicht gefällt. WDR-Politik-Chefredakteurin Ellen Ehni sieht die Entscheidung als "Erfolg für die freie Berichterstattung in diesem Land – und für die Demokratie".
presseportal.de, turi2.de (Background)
Will's wissen: Nach der Niederlage von Julian Reichelt im Prozess um einen Tweet, laut dem die Regierung "Entwicklungshilfe an die Taliban" gezahlt habe, kündigt sein Anwalt Joachim Steinhöfel an, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Es handele sich um "Angriffe des Staates auf die Presse", sagt er "Meedia". Geklagt hatte Enwicklungsministerin Svenja Schulze.
meedia.de, turi2.de (Background)
Noyb sagt No: Die Datenschutzorganisation Noyb reicht Beschwerde gegen eine Kampagne des EU-Innenkommissariats von Ylva Johansson ein. Darin soll die angestrebte Chatkontrolle-Verordnung mit politischem Mikrotargeting auf X in dazu kritisch stehenden Ländern beworben worden sein. Das sei ein DSGVO-Verstoß und habe die demokratischen Verfahren zwischen den EU-Institutionen untergraben.
netzpolitik.org
Kritisch unkritisch: Die Putin-Nähe des Journalisten Hubert Seipel soll der ARD schon vor Jahren bekannt gewesen sein, sagt der frühere Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies (Foto) zu "Bild". Eine vom NDR beauftragte "auffällig kritiklose" Putin-Doku von Seipel habe zu Verstimmungen mit dem WDR geführt, der das Studio Moskau verantwortet. Aus früheren Angeboten des Kreml habe man gewusst, "dass Gazprom und der Kreml die Kontrolle über das Material und den fertigen Film wollten", sagt Lielischkies. Daher habe das Studio Moskau stets abgelehnt. Auch Seipels Interview mit NSA-Whistleblower Edward Snowden im russischen Exil und ein Exklusiv-Interview mit Putin blieben seicht und unkritisch.
bild.de
Vom Glauben elektrifiziert: Der Vatikan will seinen Fuhrpark schrittweise auf Elektromobilität umstellen. Bis 2030 sollen alle staatlichen Fahrzeuge CO2-neutral unterwegs sein. Da man sich auf spirituelle Energie als Antrieb wohl nicht verlassen will, soll auch ein eigenes Ladenetz entstehen. Volkswagen ist bei dem Vorhaben ein strategischer Partner. Womöglich hofft der deutsche Autobauer dadurch auf Vergebung seiner Diesel-Sünden.
wallstreet-online.de
Zum Raabport: Die CDU-Fraktion im Landtag von Rheinland-Pfalz fordert den Rücktritt von Medien-Staatssekretärin Heike Raab, die auch Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder ist. Die SPD-Politikerin hatte sich im Mai auf Briefpapier der Landesregierung über eine SWR-Sendung beschwert. Ein SWR-Journalist hatte in der Sendung den früheren Innenminister Roger Lewentz für die Toten der Ahrtal-Flutkatastrophe verantwortlich gemacht und moniert, dass er weiterhin SPD-Landeschef ist. Raab würde versuchen, eine "unliebsame Berichterstattung zu beeinflussen und Druck aus einer Machtposition heraus auszuüben". Die Landespressekonferenz Rheinland-Pfalz sieht in dem Schreiben einen "Einschüchterungsversuch". Der SWR dagegen findet "Programmkritik von außen" nicht ungewöhnlich. Raab selbst sagt, inhaltlich stehe sie weiterhin zu ihrer Kritik, die Unabhängigkeit der Medien sei jedoch "ein hohes Gut". Die CDU will den Fall am Donnerstag im Landtag thematisieren, auch der Landesrundfunkrat des SWR werde sich damit befassen.
dwdl.de, evangelische-zeitung.de, swr.de, merkur.de, faz.net (€)
Foto: Staatskanzlei RLP/ Unger
Plot Twist: Ex-"Bild"-Chef Julian Reichelt darf nicht öffentlich behaupten, Deutschland habe "in den letzten zwei Jahren 370 Millionen Euro (!!!) Entwicklungshilfe an die Taliban (!!!!!!)" gezahlt. Das entscheidet das Kammergericht Berlin in zweiter Instanz, Michael Hanfeld berichtet in der "FAZ". Das Gericht erkennt in der Aussage eine falsche Tatsachenbehauptung. Das Landgericht Berlin hatte die auf X getätigte Aussage noch als Meinungsäußerung gewertet und einen Antrag auf einstweilige Verfügung von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze im Oktober abgelehnt. In dem aktuellen Beschluss sieht Reichelts Anwalt nun eine "sehr restriktive Auslegung der Meinungs- und Pressefreiheit".
faz.net (€), turi2.de (Background)
Für die Tonne: Europaweit haben Medienanstalten in den vergangenen vier Wochen 578 potenzielle Rechtsverstöße im Internet an die EU-Kommission gemeldet, darunter antisemitische und volksverhetzende Inhalte, berichtet Ippen Media – Tendenz steigend. Mit 505 Meldungen komme ein Großteil aus Deutschland, allen voran NRW mit 277. NRW-Medienminister Nathanael Liminski sagt, er habe sich "über den Zusammenhalt und die demokratische Verfasstheit unseres Landes noch nie so viele Sorgen gemacht wie jetzt". Die "größte Drecksschleuder" in Sachen Antisemitismus sei TikTok, so Liminski.
fr.de
Gatekeeper: Die AfD weigert sich, ein Team des ARD-Magazins "Monitor" für ihren Landesparteitag in Thüringen am kommenden Wochenende zu akkreditieren. Zur Begründung heißt es, bei der Sendung könne "überhaupt nicht mehr von einer journalistischen Berichterstattung die Rede sein". Der WDR wehrt sich gegen die Entscheidung und bezeichnet diese als "höchst bedenklich". WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni mahnt, dass kritische Nachfragen durch Medien auf einem Parteitag in einer demokratischen Gesellschaft möglich sein müssten. "Monitor"-Leiter Georg Restle spricht vom "Offenbarungseid eines rechtsextremen AfD-Landesverbandes". Der DJV stellt sich auf die Seite des Senders: "Die AfD stellt damit erneut ihr gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit und zur kritischen journalistischen Berichterstattung unter Beweis", so DJV-Chef Mika Beuster. Erstmals habe eine politische Partei einen Ausschluss inhaltlich begründet, bisher seien immer Platzprobleme vorgeschoben worden: "Jetzt hat die AfD die Katze aus dem Sack gelassen", meint Beuster. Der WDR teilt mit, rechtliche Schritte gegen die Verweigerung der Akkreditierung zu prüfen.
presseportal.de
Foto: WDR/Ben Knabe
Kreißt weiter: Die Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, Eva Flecken, wird Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten und der Kommission für Zulassung und Aufsicht. Sie folgt Anfang 2024 auf Wolfgang Kreißig, der seit 2019 im Amt ist.
dwdl.de
"Die jetzt fehlende Empathie hat bei mir dazu geführt, dass ich mein Grundvertrauen in das, was Gesellschaft in Deutschland ist, verloren habe."
Der Pianist Igor Levit zeigt sich im "Zeit"-Interview mit Giovanni di Lorenzo enttäuscht und erschüttert über die aus seiner Sicht fehlende Solidarität in Deutschland mit Juden und Israel seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober. Für ihn fühle sich jüdisch sein gerade so an, "als ob man alle zehn Minuten 'Fuck you!' sagen möchte".
"Zeit" 48/2023, S. 47 (Vorab)
Gaza-Fotografen: Zwei deutsche Anwälte haben beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Anzeige gegen die Fotografen gestellt, die am 7. Oktober sehr früh Bilder vom Terrorangriff der Hamas auf Israel verbreitet haben, berichtet die "FAZ". Der ehemalige Bundesanwalt Hans-Jürgen Förster und der Anwalt Thomas Walther sehen darin eine Beihilfe zu Mord und Geiselnahme unter anderem deutscher Staatsbürger.
faz.net (€), turi2.de (Background)
Leuchtturm: "Bild" projiziert am Dienstagabend in einer Dia-Schau die Gesichter der immer noch vermissten Hamas-Geiseln an die Fassade des Springer-Hochhauses in Berlin. Die vierstündige Video-Installation will zeigen, dass die Entführten nicht vergessen sind und ein Zeichen gegen Judenhass und Rassismus aussenden.
bild.de, juedische-allgemeine.de, bild.de (2-Min-Video), twitter.com (29-Sek-Video)
Since October 7th, more than 200 hostages are in the hands of the terrorists in Gaza. BILD shows their faces on our Berlin HQ. #BringThemHomeNow pic.twitter.com/fY2gB6mDLl
— BILD (@BILD) November 14, 2023
Stinkstiefel: Nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht und Konsorten löst sich die Linksfraktion im Bundestag zum 6. Dezember auf. Laut Fraktionschef Dietmar Bartsch werde man einen Antrag auf Erreichen eines Gruppenstatus der verbleibenden Abgeordneten stellen. Damit sichert sich Wagenknechts Partei in Linken-Kreisen schonmal den Spitznamen "Rupknechts".
spiegel.de
Ich bin ein Star, lasst mich hier drin: Der frühere Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage zieht ins britische "Dschungelcamp". Für seine Teilnahme an der Show soll der ehemalige Chef der britischen Unabhängigkeitspartei laut "Sun" bis zu 1,5 Mio Pfund bekommen. Größte Herausforderung für Farage dürfte sein, seinen Anhängerinnen klar zu machen, warum sie statt für "Leave" diesmal für "Remain" stimmen sollen.
dailymail.co.uk, thesun.co.uk, bild.de
Mach's noch einmal, Olaf: Die SPD will auch 2025 mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidat in den Bundestags-Wahlkampf ziehen, berichtet das "Handelsblatt". Parteichef Lars Klingbeil habe am Montag beiläufig verkündet: "Natürlich wird er unser Kandidat bei der Wahl. Das ist für uns gesetzt." Klingbeil und Saskia Esken wollen beim Parteitag im Dezember erneut als Doppelspitze kandidieren.
handelsblatt.com
Spitzen-Juris-tin: Der halbstaatliche Rechtsdienstleister Juris bekommt mit Frauke Bachler eine neue Geschäftsführerin, berichtet die "FAZ". Die Juristin war zuletzt Chefin der Deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit. Ihr Vorgänger musste gehen, nachdem Juris eine "Redaktionsleitung" gesucht hatte, obwohl der Firma journalistische Aktivitäten verboten sind. Zuvor musste Juris bereits das juristische Fachmedium "Libra – Das Rechtsbriefing" einstellen.
faz.net, turi2.de (Background)
Hessliches Verbot: Der DJV Hessen wettert gegen Pläne der schwarz-roten Landesregierung, staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen das Gendern mit Sonderzeichen zu verbieten. Der Journalistenverband sieht darin eine "ungeheuerliche politische Einflussnahme" auf den Hessischen Rundfunk. Zur Rundfunkfreiheit gehöre auch, "sich sprachliche Gestaltungsmöglichkeiten nicht nehmen zu lassen".
djv-hessen.de, faz.net (€)
Zahl des Tages: Insgesamt 1,3 Mio Menschen in Deutschland leiden an einer Glücksspiel-Störung, die einer Sucht gleicht, sagt der Glücksspielatlas des Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert. Weitere 3,3 Mio Menschen wiesen erste Anzeichen für eine Sucht auf. Bei der Vorstellung des Berichts wiederholt Blienert seine Forderung, TV-Werbung für Sportwetten vor 23 Uhr zu verbieten. Die Verquickung von Sport und Sportwetten sei eine "gefährliche Verharmlosung" des Glücksspiels.
tagesschau.de
Video-Tipp: Comedian Shahak Shapira appelliert im Israel-Gaza-Krieg an die Menschlichkeit, indem er Plakate mit Fotos getöteter Männer, Frauen und Kinder aufhängt, die sowohl israelisch als auch palästinensisch waren. Die Plakate sind fast identisch, aber je einmal israelisch und einmal palästinensisch gelabelt. Dahinter die Worte: "We look the same. We bleed the same. We deserve better." Shapira sagt: "Ich möchte, dass die Menschen ein Gesicht sehen, bevor sie eine Nationalität sehen." Dieser Konflikt ende nur, wenn man beide Seiten sehe.
youtube.com (3-Min-Video), ardmediathek.de ("Titel, Thesen, Temperamente" 7-Min-Video)
Schwaches Nervenkostüm: Der außenpolitische Chefberater von Kanzler Olaf Scholz, Jens Plötner, soll bei der Bundeswehrtagung am Freitag hörbar über FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann gelästert haben, schreibt sie bei Twitter. Demnach habe er eine Frage von ihr zur Ukraine-Unterstützung mit den Worten "Boah, die Alte nervt!" so laut kommentiert, dass mehrere Anwesende es gehört haben. Strack-Zimmermann halte eine Entschuldigung für angemessen, sagt sie dem "Spiegel".
twitter.com via spiegel.de
Time-out: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas fordert höheres Ordnungsgeld für pöbelnde Politiker im Bundestag. Ginge es nach ihr, solle die Strafe von aktuell 1.000 Euro auf mindestens 2.000 Euro erhöht werden, sagt sie der "Bild". Die Abgeordneten führten sich teils auf wie "Rowdys auf dem Schulhof". In diesem Fall sollte man die Hetzer vielleicht einfach nachsitzen lassen oder zum Ausstänkern in die Ecke stellen.
spiegel.de
Lese-Tipp: Autor Simon Hurtz warnt in einem Essay uin der "Süddeutschen Zeitung" vor einem sektenähnlichen KI-Glauben, der im Silicon Valley um sich greife. Er schreibt: "Ausgerechnet Menschen, die sich selbst für hyperrational halten, klingen wie Priester und Schamanen." Menschen wie Unternehmer Marc Andreessen würden derzeit die Fronten schärfen: "Es geht um wir gegen die, um Tech-Gläubige gegen Ungläubige". Als Reaktion fordert Hurtz nicht etwa KI-Pessimismus, sondern pragmatischen Widerstand.
sueddeutsche.de
Buchstaben statt Bilder: 150 Filmschaffende aus Deutschland und Österreich, darunter Regisseurin Doris Dörrie (Foto), Schauspielerin Iris Berben und Constantin-Film-Chef Martin Moszkowicz, haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie ihre Solidarität mit Jüdinnen und Israel bekunden. Sie verurteilten "jede Form des Antisemitismus" und seien vereint im "Kummer, dass Jüdinnen und Juden sich auch in Deutschland nicht mehr sicher fühlen können". Dass antisemitische Kräfte jüdisches Leben in Gefahr bringen, dürfe "nirgendwo auf der Welt geschehen und schon gar nicht im Land der TäterInnen, im Land, das die Shoah zu verantworten hat".
artechock.de (Brief) via spiegel.de
Rhein wirft raus: In Hessen kündigt die regierende CDU an, mit der SPD über eine Koalition verhandeln zu wollen. Ministerpräsident Boris Rhein strebt eine "christlich-soziale Koalition" an. Die schwarz-grüne Koalition mit Rhein-Vize Tarek Al-Wazir wäre damit nach rund zehn Jahren zu Ende.
faz.net, bild.de
Dagegen: Bei einer großen Pro-Palästina-Demo in New York City sind am Donnerstagabend rund 30 Teilnehmerinnen in die Lobby der "New York Times" eingedrungen. In einer Starbucks-Filiale im Gebäude wurden Parolen wie "Free Gaza" gesprüht. Die Demonstrantinnen werfen der Zeitung eine pro-israelische Tendenz in der Berichterstattung über den Gaza-Krieg vor. Die "New York Times" weist die Anschuldigung zurück.
standard.at, apnews.com, nydailynews.com
Kein Geheimnis: Der BND muss Journalisten darüber Auskunft geben, mit welchen Medien Behördenvertreterinnen in den vergangenen Jahren die meisten Hintergrundgespräche geführt haben. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat der Klage eines Reporters stattgegeben, der von dem Geheimdienst wissen wollte, welche Medien in den Jahren 2019 und 2020 die meisten Einzeltermine hatten und wie viele vertrauliche Gespräche geführt wurden. Die Behörde lehnte eine Auskunft darüber bisher mit Verweis auf fehlende statistische Auswertungen ab.
spiegel.de,t-online.de
E-Estonia: Estland plant ein Gesetz, dass die Stimmabgabe per Smartphone möglich macht. Bürgerinnen des Baltenstaats könnten schon ab kommendem Jahr bequem von der Couch aus per App wählen. Statt Wähler mit politischen Argumenten zu überzeugen, heißt es im estnischen Wahlkampf dann wohl künftig: Lasst 'nen Like da!
spiegel.de